Bad Vilbel. Der Bad Vilbeler „Hamlet“ in der Bearbeitung von Regisseur Harald Demmer kommt in einer sehr gekürzten, entschlackten Fassung daher, konzentriert auf die wesentlichen Handlungsstränge.
Der dänische Prinz Hamlet, aus Wittemberg zur Totenfeier seines Vaters angereist, erlebt, wie seine Mutter Gertrud gleich darauf den Bruder des Königs, Claudius (machttrunken gespielt von Volker Niederfahrenhorst), heiratet, der so die Macht an sich reißt. Angelika Bartsch spielt die Gertrud mit königlicher Haltung, hin- und hergerissen zwischen der Liebe zum Sohn und zum neuen Ehemann.
Hamlet erfährt vom nächtlich wandelnden Geist seines Vaters, dass er von Claudius im Schlaf vergiftet wurde, und er fordert Hamlet auf zur Rache. Hamlet beschließt darauf, den Verrückten zu mimen, um das ganze Ausmaß der Verschwörung am Hofe in Erfahrung zu bringen. Hier hat Jonas Baeck, der einen stets präsenten, wütend-rasenden Hamlet gibt, einen ganz besonders starken Auftritt und präsentiert eine überzeugende wie ungewöhnliche Interpretation der berühmten Worte „Sein oder Nichtsein…“.
Staatsrat Polonius – umsichtig-ernst gespielt von Volker Weidlich – erklärt sich Hamlets Verrücktheit als eine Folge der Liebesverweigerung durch Ophelia, seiner Tochter. Claudius ist sich dessen nicht sicher und beauftragt daher zwei Schulfreunde Hamlets, Rosencrantz und Guildenstern, den Prinzen auszuspionieren. Die beiden, gespielt von Stephan Ullrich und Jens Wachholz, sind ein glänzend eingespieltes Duo und sehr wandelbar. Sie überzeugen im Gesang wie als Spione. Die Totengräber-Szene mit beiden, die vor Lebendigkeit und Witz strotzt, ist einer der Höhepunkte der Inszenierung.
Leider sind die komödiantischen Anklänge des Stückes nicht immer ausgespielt, was man an den Reaktionen des Publikums merkte – beinahe hätte es gelacht. Insgesamt reagierte das Publikum sehr verhalten und geizte mit Szenenapplaus, dabei hätte Hamlet alias Jonas Baeck in seinem Monolog und auch Magdalena Helmig als Ophelia in ihrer glänzenden Verrückten-Performance Beifall verdient.
Die Tragödie nimmt ihren Lauf mit einer allerdings retardierenden Dynamik, die jede Szene in sich selbst verharren lässt. Hier übernimmt oft die gelungene Musik von Bernd Keul die Aufgabe der Überleitung. Hamlet lässt zwei Komödianten selbst erdachte Szenen spielen, die den Onkel provozieren sollen, um herauszubekommen, ob das vom Geist offenbarte Mordkomplott der Wahrheit entspricht. Claudius begreift und schickt Hamlet nach England, mit dem Befehl, den Stiefsohn zu töten. Hamlet durchkreuzt den Plan, kehrt an den Hof zurück, stellt seine Mutter zur Rede, erschießt dabei den Lauscher Polonius, während Ophelia in ihrer Verrücktheit den Freitod wählt.
Der zurückkehrende Laertes, der seinen Vater von Hamlet erschossen und die Schwester selbst verbrannt vorfindet, fordert Hamlet zum Duell.
Daniel Mutlu (Laertes), der in seinen kurzen Auftritten auf sich aufmerksam macht, lieferte sich mit Jonas Baeck einen packenden Degenkampf. Der mit Gift präparierte Degen streift Hamlet, der wiederum Laertes tödlich trifft. Währendessen trinkt Gertrud ahnungsvoll den vergifteten Wein und stirbt. Hamlet, schon im Todeskampf, lässt Claudius über die Klinge springen. Übrig bleibt Horatio, den treuen Freund Hamlets gibt Daniel Seniuk.
Dem kriegerischen Konflikt mit Norwegen als Hintergrund der Story sind teils die musikalischen Einspielungen geschuldet wie die militärischen Reminiszenzen an Uniformen (Springerstiefel). Für den modernistischen Stilmix der Kostüme zeichnet Marion Hauer verantwortlich, das nüchterne, gelungene Bühnenbild mit Anspielungen an Waschbeton hat sich Oliver Kostecka ausgedacht. Mit beiden Elementen rückt der historische Stoff in die Moderne.
Hamlet ist in weiteren Aufführungen am Freitag, 3. Juli, Donnerstag, 9. Juli, und Freitag, 10. Juli, zu sehen. Tickets gibt es im Kartenbüro in der Zehntscheune, Telefon (06101) 559455, E-Mail tickets@bad-vilbel.de oder runter www.kultur-bad-vilbel.de