Smart-City: Investor will Mitarbeiter des Internetkonzerns aus London abwerben
Bad Vilbel. Europas größtes Innovationsquartier soll in Bad Vilbel entstehen. Das Springpark Valley soll rund 6500 Innovatoren nach Bad Vilbel locken. Einer der Gesellschafter, die das Großprojekt verwirklichen wollen, ist Jörg-Peter Schultheis. Der kündigte während einer öffentlichen Veranstaltung nicht nur an, dass der Bosch-Konzern mit mehreren hundert Mitarbeitern kommen werde. Er will auch Teile des Internetkonzerns Google vor die Tore Frankfurts locken.
Fast eine eigene Stadt
Als vor fast fünf Jahren bekannt wurde, dass auf einem Großteil der Gewerbeflächen zwischen der Bundesstraße 3 und dem Wohngebiet Quellenpark fast eine eigene Stadt mit Gewerbe-, Gastronomie- und Wohnflächen entstehen soll, schüttelten viele ungläubig den Kopf. Ein hunderte Millionen Euro teures Projekt mit mehreren tausend Arbeitsplätzen, supermodern aufgebaut und ausgestattet, konnte sich kaum jemand vorstellen.
Mittlerweile sind die ersten Arbeiten zur Vorbereitung des Geländes für die Smart-City im Gange. Das Projekt hat so konkrete Gestalt angenommen, dass Mitinvestor und Mitgesellschafter der CESA Spring Park GmbH, Jörg-Peter Schultheis, es nun öffentlich vorstellen konnte.
Im Saal herrscht gespannte Stille, als Schultheis seinen Vortrag hält. Denn was er da verkündet, sprengt für viele alle Dimensionen des Vorstellbaren. Von 800 Millionen Euro Investitionssumme spricht er, von 2500 Mitarbeitern unterschiedlicher Projektpartner, die das Großprojekt bis zum Jahr 2024 bauen sollen, von rund 6500 Arbeitsplätzen, die entstehen werden, 2600 Parkplätzen für Fahrräder, 200 Elektroautos, 300 Wohnungen für Dauermieter und 1000 Serviced Apartements für Kurzzeitmieter.
600 Bosch-Mitarbeiter
Bereits gebe es 2000 Interessenten, »die dort rein wollen, auch wenn wir noch gar nicht in die aktive Vermarktung gegangen sind. Wir generieren jetzt schon Nachfrage, ohne jegliche Werbung.« Einen bekannten Namen, der vor die Tore Frankfurts ziehen will, nennt Schultheis an diesem Abend: Der Bosch-Konzern wolle zwischen 300 und 600 Mitarbeiter seiner Strategie-, Forschungs- und Entwicklungsabteilung in die Smart City schicken. Der Gesellschafter begründet dies damit, »dass sich die Entwickler in der Smart City nicht mehr eingeengt fühlen. Hier tauschen sie sich mit Köpfen anderer Unternehmen, aber auch jungen Startups auf Augenhöhe aus.«
Vielen der rund 250 Zuhörerinnen und Zuhörer im voll besetzten Dortelweiler Kulturforum dürften bei einer weiteren Aussagen Schultheis‹ die Ohren geklungen haben. »Ich bin mit der Führung des Google-Konzerns in London im Gespräch.« Die europäische Zentrale sei aus Irland nach England umgezogen und habe nun in London ihren Sitz. »Die haben dort eine geile Zentrale gebaut«, sagt Schultheis. Nachteil: »Die Mitarbeiter fahren zweieinhalb Stunden vom Umland bis zu deren Arbeitsplätzen. In Bad Vilbel könnten sie möglicherweise in zweieinhalb Minuten am Arbeitsplatz sein.«
Schultheis und CESA wollen nämlich einen flexiblen Innovations-Campus für die Strategie-, Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sowohl von Großunternehmen als auch mittelständischen Unternehmen und Startups schaffen. Wohnen, Arbeiten und Leben soll auf ein und demselben Gelände möglich sein. Der Mitinvestor wirbt damit, dass das Gelände stark begrünt und für die Öffentlichkeit geöffnet sein wird. »Wir wollen dort kein gesichtsloses Gewerbegebiet bauen, das abends verwaist ist.« Sondern dort solle Tag und Nacht Betrieb sein. Alles modern ausgestattet, mit 5G-Internet, Elektroautos, E-Fahrrädern und 1400 Ladestationen für E-Autos. »Und Sie können sich eines der 200 Autos ausleihen und am Wochenende eine Spritztour machen«, wendet er sich ans Publikum.
Zudem werde es auf dem Gelände Restaurants und Bistros geben, kleine Einkaufsmöglichkeiten und vieles mehr. Wer diese nutzen wolle, müsse sich eine App auf sein Smartphone laden. Damit erfolge aus Sicherheitsgründen der Zutritt zum Gelände, aber damit könne man auch in den Restaurants oder beim Einkaufen bezahlen. Schultheis: »Bargeld wird bei uns kein Zahlungsmittel sein.«
Mit seinem launigen und von Optimismus sprühenden Vortrag fing Schultheis einen großen Teil der Zuhörer ein. Denn es gab nur sehr wenige kritische Punkte, die sich weniger an den Investor und mehr an die Stadt richteten. Denn auf der Homburger Straße wird eine verstärkte Verkehrsbelastung durch Baufahrzeuge befürchtet. Schultheis versicherte, man habe die Bauzeit auf fünf Jahre begrenzt, um die Belastung für die Bevölkerung in Grenzen zu halten.
Bäume des Jahres
Ein Bürger bezeichnete es als »spektakuläres Projekt, von dem die ganze Region profitieren wird«. Eine andere Zuhörerin meinte, es sei ein hervorragendes Projekt, auch hinsichtlich der Grünplanung: »Die Grünflächen, die Sie jetzt wegnehmen, bringen Sie wieder auf die Dächer, Balkone und Terrassen.« Grünen-Stadtverordneter Peter Paul rannte bei Schultheis offene Türen ein, als er vorschlug, dort die Bäume des Jahres zu pflanzen. Dessen Antwort kam prompt: »Das machen wir.«
90 000 qm großer Campus
90 000 Quadratmeter groß ist das Grundstück, auf dem die Smart City entstehen soll. Den Kern bilden sieben unterschiedliche Work Domes, das sind Häuser mit moderner Medien- und IT-Technik und mit zusammen über 350 Meetingräumen für Tagungen und Besprechungen. Alle Gebäude sollen miteinander vernetzt werden. In dem innovativen Umfeld sollen später einmal 6500 Forscher und Entwickler arbeiten. Der Campus wird auch eine sogenannte Food-Plaza enthalten, einen Platz mit gastronomischem Angebot, ferner eine Retail-Zone, Fitnessbereiche, eine Kindertagesstätte, ein Hotel sowie 1000 Appartements mit Service. Zudem sollen rund 300 Wohnungen für Dauermieter entstehen. Die kleine Stadt erhält ein Parkhaus mit 3500 Stellplätzen sowie ein Fahrradparkhaus. Auf dem Gelände selbst findet kein Autoverkehr statt. (pe)