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Bad Vilbel. »Extremwetter in einer neuen Atmosphäre – die zunehmende Gefahr« war Titel eines Vortrags, den der ZDF-Wettermoderator Özden Terli im Kultur-
und Sportforum Dortelweil hielt. Eingeladen hatte ihn der Ausländerbeirat Bad Vilbel.
Weit über hundert Besucher folgten am Samstagabend engagierten und abwechslungsreichen Ausführungen von Özden Terli über ein Thema, das im laufenden Bundestagswahlkampf zu kurz komme, wie ein Besucher in der Fragerunde im Anschluss meinte: der Klimawandel und seine Folgen.
Isil Yönter, Vorsitzende des Ausländerbeirats, stellte Özden Terli vor und fragte den diplomierten Meteorologen, der mit dem Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe und als »Journalist des Jahres« im Bereich Wissenschaft ausgezeichnet wurde und dieses Jahr erneut für den Grimme-Preis in der Kategorie »Journalistische Leistungen« nominiert ist, wie es sich anfühle, in diesen Zeiten eine Migrationsgeschichte zu haben.
Er sei mit ausländerfeind lichen Äußerungen aufgewachsen, so Özden Terli, und werde noch immer damit konfrontiert. Aber »Migration ist nicht das Thema«, stellte er fest. Das große Thema für die Menschen sei der Klimawandel. Dahinter steckten vom Menschen veränderte physikalische Prozesse.
Wie ein
Kometeneinschlag
»Wir sind wie ein Kometeneinschlag«, sagte Terli, denn so sehr hätten Menschen die physikalischen Verhältnisse auf der Erde verändert – und damit Extremwetterereignisse möglich gemacht. Anhand von Bildern, Statistiken und Sequenzen aus seinen ZDF-Wettervorhersagen erläuterte er, wie sich die Erdatmosphäre verändert hat. »Sie ist nicht mehr die gleiche wie vor vierzig Jahren, denn wir müllen sie zu, vor allem mit CO2.« Der CO2-Kreislauf auf der Erde sei eigentlich geschlossen und stabil und regele die Temperatur. Doch das CO2, das in Kohle, Öl und Gas in der Erde gebunden war, das wir jedoch durchs Verbrennen freisetzen und in die Atmosphäre schicken, bringe diesen Kreislauf durcheinander. Denn das freigesetzte CO2 bleibe Zehntausende Jahre, also über viele Generationen hinweg, in der Atmosphäre, genauso wie die Temperatur, die sich daraus ergibt. »Wir haben den Zeitpunkt überschritten, an dem wir mit dem Verbrennen hätten aufhören müssen«, stellte Özden Terli fest.
Tun so, als ob uns das Klima lästig sei
Seit den 1960er-Jahren steige die CO2-Konzentration kontinuierlich an. Bisher gebe es keinen effizienten Klimaschutz, denn sonst verliefe die CO2-Kurve anders – gerade und nicht stetig ansteigend.
»Alles hängt mit allem zusammen«, erklärte Özden Terli die Veränderungen im Klimasystem, die auf das Wetter wirken. Durch die Veränderungen in der Erdatmosphäre hielten die dünner werdenden Wolken die Sonnenstrahlen nicht mehr effektiv auf, die träfen ungehindert auf die Erde und erhitzten sie – insbesondere die Ozeane, deren kühlender Effekt dadurch wegfiele. Sie geben infolge ihrer Erwärmung durch die Verdunstung mehr Feuchtigkeit in die Atmosphäre, was wiederum zu mehr und stärkeren Niederschlägen führe, sei es in Form von Regen oder Schnee. Doch auch angesichts der Unwetterereignisse, deren tragische Folgen und die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Menschen, »tun wir so, als ob das Thema Klima lästig wäre«.
Özden Terli und andere Meteorologen informieren über das Klima, erfahren dafür aber auch Kritik, Drohungen, werden diskreditiert oder sogar rassistisch beleidigt, wie er berichtete. »Zeitweise ist es ein Kampf«, sagte er. Zudem sei es »erschreckend, dass Fakten inzwischen keine Rolle mehr spielten«. Hoffnung gäben die Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen, und Gerichtsurteile, die dem Klimaschutz Priorität einräumten.
Die Zivilgesellschaft muss aktiv werden
In der Fragerunde wollte ein Zuhörer wissen, was zu tun sei, damit der Klimawandel wieder mehr in den Fokus gerückt werde. »Das fragen sich Wissenschaftler und Meteorologen häufig«, konstatierte Özden Terli. Denn das Problem sei, dass der Klimawandel meist dann thematisiert werde, wenn etwas als störend empfunden werde, wie die Demonstrationen von »Fridays for Future« oder die Aktionen der »Letzten Generation«, »Die Zivilgesellschaft muss aktiv werden«, forderte er. Denn der Klimaschutz sei kein Schutz für die Erde, sondern ein Schutz für die Menschen, die auf ihr lebten. Von Christiane Kauer