17-Jährige näht für Frühchen und Hospizkinder
Bad Vilbel. Dem Corona-Blues mit Lockdown und Homeschooling setzt Jill Hummel ihre Kreativität entgegen. »Ich nähe seit fünf Jahren. Dazu gekommen bin ich durch eine Freundin«, blickt die 17-Jährige auf die Anfänge ihres Hobbys zurück. Auf Instagram hat sie Beiträge über Frühgeburten gelesen, die damit verbundenen Herausforderungen und wie schwierig es oft für die Eltern ist, passende Kleidung für ihre vor der 37. Schwangerschaftswoche und meist nur etwas mehr als 500 Gramm wiegenden Babys zu bekommen.
Bedarf abgefragt
»Ist die Kleidung zu groß, wird der Körper nicht ausreichend warm gehalten«, weiß die Schülerin. Deshalb ist bei Frühgeborenenkleidung die richtige Größe entscheidend. »Für Frühchen eignen sich Kleidungsstücke ab Größe 32, das entspricht einer Körperlänge von rund 30 Zentimetern. Manchmal ist das größte Glück ganz klein. Ich nähe für die Babys Kleidung ab Größe 32 bis Größe 50«, berichtet Jill.
Bevor sie sich an die Nähmaschine setzte, schrieb sie das Universitätsklinikum und das Bürgerhospital in Frankfurt an und fragte, ob Interesse an Frühchenkleidung besteht. Professor Rolf Schlößer vom Klinikum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Uni-Klinik nahm Kontakt zu Jill auf. Sie informierte ihn über ihre Idee, ehrenamtlich Frühchenkleidung zu nähen. Er fand die Idee gut und Jill setzte sich an ihre Nähmaschine.
Nach und nach nähte sie Strampler, Pumphosen und Mützen. Die erste Spende mit 50 Teilen konnten bald an Schlößer überreicht werden.
»Die Stoffe bekomme ich von Privatleuten oder Stoffgeschäften gespendet. Meist sind es Reste von Stoffballen oder Stoffe mit Mustern aus Vorjahren«, berichtet Jill. Ab und zu übernimmt sie das Porto für eine Stoffspende. Von ihrem Taschengeld kauft sie Gummis für die Bündchen, Druckknöpfe und das Nähgarn. Inzwischen verfügt die Elftklässlerin des Georg-Büchner-Gymnasiums über einen Stoffvorrat, der vier Schrankfächer füllt. »Für das Nähen eines Stramplers benötige ich eine, für das einer Pumphose eine halbe Stunde. Die meiste Zeit geht für das Zuschneiden drauf«, berichtet der Teenager.
Dank von Eltern
Sehr gefreut hat sich Jill, als das Dankeschön aus der Frankfurter Uni-Klinik bei ihr ankam. Professor Schlößer fügte das Foto eines Frühchens bei, dass Kleidung von Jill trug. Die Eltern hatten es zur Verfügung gestellt, weil sie sich sehr über die gut sitzenden Unikate aus bunten Stoffen und fröhlichen Mustern aus dem Vilbeler Nähatelier gefreut hatten. Nun ging bereits die zweite Spende an die Uni-Klinik. »Ich fotografiere gern und mache von jedem von mir genähten Teil ein Foto bevor ich es spende.«
Inzwischen näht Jill Hummel auch Sondenpads mit Mustern für das Kinder- und Jugendhospiz »Kleine Helden« in Hünfeld. »Vierzig bunte Pads, deren Anblick allein schon allen ein Lächeln ins Gesicht zaubert, habe ich fertig. Ich freue mich, wenn ich mit meinen Unikaten die Welt für die Menschen in schwierigen Situation ein bisschen bunter machen kann.« Für Familie und Freunde nähte sie im letzten Frühjahr auch viele Mund-Nase-Schutzmasken.
»Nähen ist für mich ein schönes Hobby und während des Lockdowns eine gute Beschäftigung. Vor allem, wenn ich anderen dadurch helfen und eine Freude bereiten kann«, sagt die junge Vilbelerin. Auf Instagram nimmt sie auch unter ihrer Adresse »jills_naehatelier« Bestellungen von Privatleuten für Frühchenkleidung gegen Übernahme der Porto- und Versandkosten an. Wenn Jill mehr Zeit zwischen Lernen für die Schule und ihrem Hobby hat, dann will sie auch einmal etwas Schickes für sich selbst nähen, sagt sie.
Im Sommer hat sich Jill einen Traum erfüllt und sich eine neue vollautomatische Nähmaschine gekauft. »Die hat drei Abc-Programme, zahlreiche Nutz- und Zierstiche und viele weitere Extras. Da macht das Nähen doppelt so viel Spaß wie zuvor.«