Die jahrelangen Verhandlungen Karbens um mehr Geld aus dem Finanzausgleich sind gescheitert. Das Land sagt endgültig Nein. Klein beigeben werden die Karbener wohl nicht: Der Bürgermeister schlägt dem Parlament vor, das Land zu verklagen.
Karben. Es geht um Geld, viel Geld. 3,8 Millionen Euro jedes Jahr. Die würde Karben bekommen, wäre die Stadt in der Landesplanung als Mittelzentrum eingestuft. Doch seit jeher ist Karben nur Unterzentrum.
Seit zwei Jahrzehnten kämpfen Karbener Rathauschefs bereits dafür, dass Karben aufgestuft wird. Damit mehr Geld aus dem Finanzausgleich fließt. Das Thema eint die Parteien in der Stadt. So ist es auch eines der Hauptprojekte von Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Ihn hatten die Politiker in Wiesbaden zunächst vertröstet: Karben solle auf den neuen Landesentwicklungsplan warten. Doch in diesem Entwurf ist Karben nicht aufgestuft worden.
Thema zu heiß?
Nicht nur: „Das Kapitel wurde einfach gestrichen“, erklärt Guido Rahn. Die Folge: Bei den Einstufungen bleibt für die nächsten Jahre alles beim Alten. Das macht den Bürgermeister fassungslos: „Da geht mir die Hutschnur hoch.“
Zwei Jahre lang hatten die Karbener zusammen mit den Bürgermeistern aus Riedstadt, Nidderau, Neu-Anspach und Dautphetal bei Marburg in Wiesbaden für ihre Aufstufungen geworben (die FNP berichtete). Sie alle bieten und finanzieren Infrastruktur und Funktionen auch für Bürger benachbarter Orte, erhalten dafür aber keinen finanziellen Ausgleich.
„Wir haben uns die Hacken abgelaufen“, sagt Rahn. Von Ministerium zu Ministerium wurden die Kommunalvertreter geschickt. Sie sind aber nun erfolglos geblieben.
Die Schuld dafür lastet der christdemokratische Bürgermeister ausdrücklich nicht dem für die Landesentwicklung zuständigen Wirtschaftsminister von den Grünen an: „Das wurde nicht von Tarek Al-Wazir gestoppt.“ Stattdessen deutet der Rathauschef an, dass die Entscheidung wohl vom Koalitionspartner, der CDU, also Rahns eigener Partei, gekommen sei. Und sie sei von höchster Stelle gekommen.
„Die Landesregierung will diesen kritischen Punkt vor der Landtagswahl nicht auf dem Tisch haben“, erklärt Rahn und ist stocksauer. „So kann man keine Politik machen.“ Ein Vorgehen, das den Karbener sehr ärgert: „Es geht nicht, dass das Land Kommunen hängen lässt, nur weil man so kurz vor der Wahl andere Kommunen abstufen müsste.“ Denn würden die fünf Orte aufgestuft, bekämen andere ihren bisherigen Status entzogen. Das sei für die Orte in strukturschwachen Gebieten sicher schwer, räumt Guido Rahn ein. Die Landespolitik könne die Realitäten der Entwicklung im Land aber nicht einfach ausblenden. Das führe zu einer immer stärkeren Ungleichbehandlung der Einwohner des Landes.
Klage angedroht
„Wir sind alle furchtbar enttäuscht“, sagt SPD-Fraktionsvize Ralf Schreyer. „Wir sollten nun überlegen, welche weiteren Schritte wir machen.“ So bietet er an, dass das Stadtparlament die Regierung Rahn mit einem Vorratsbeschluss ausstatten können, der dem Land eine Klage androht, falls es Karben nicht doch noch aufstuft.
Eine solche Klage strebt der Bürgermeister schon konkret an: „Wir werden jetzt nicht länger bellen, sondern auch zubeißen.“ Nach der Sommerpause will er das Parlament entscheiden lassen. SPD-Mann Schreyer findet das gut: „Wir warten ja schon lange genug.“
Abzuwarten bis nach der Landtagswahl Ende 2018 kommt für den Bürgermeister nicht infrage. Dann sei der Landesentwicklungsplan beschlossen und die nächste Chance, ihn zu ändern, gebe es erst wieder in zehn Jahren. „Dann steht auch wieder eine Wahl vor der Tür.“
Mit ihrer Klage werden die Karbener in guter Gesellschaft sein. Mindestens 17 Kommunen haben das Land wegen des neuen Finanzausgleichs verklagt. Darunter Frankfurt und Eschborn, die deutlich weniger Geld bekommen sollen. Wichtige Dinge seien im Finanzausgleich unberücksichtigt, so Rahn. Er ist überzeugt: „Unsere Klage ist nicht chancenlos.“ (den)