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Kerbburschen als Wecker unterwegs

Bad Vilbel. Es ist Sonntagmorgen, 6.50 Uhr in Dortelweil-West. Die Sonne scheint, alles ruht, die Vögel zwitschern. Aber der achtjährige Lennart im Franz-Schubert-Weg ist schon wach und ganz aufgeregt: „Die Kerbburschen kommen bald“, sagt er. Knapp eine Stunde später ist es mit der Ruhe vorbei, die Dortelweiler Kerbburschen sind da – auf dem Anhänger eines Traktors fahren sie an, bringen mit lauter Musik den Bad Vilbeler Stadtteil früh in Schwung.

Zunächst geht es auf der Konrad-Adenauer-Allee entlang, dank der starken Musik-Boxen auf dem Traktoranhänger dringt die Schlager-Musik in die Häuser – die Party beginnt beziehungsweise sie geht weiter; denn die Kerbburschen und -mädels haben in dieser Nacht fast kein Auge zugemacht. Demzufolge wirken sie noch leicht verschlafen, als sie in den Franz-Schubert-Weg einbiegen, wo Karin Urbanowski und Simone Endres für sie eine kleine Zwischenmahlzeit vorbereitet haben – Pfannkuchen und Würstchen gibt es, dazu Apfelschorle, Wasser und Hochprozentiges, wobei nur zwei Kerbburschen den Schnaps testen. Sie haben auf ihrem Anhänger noch Äppler stehen und sicherlich auch noch Rest-Alkohol im Blut. Nach einer Viertelstunde skandieren der 18-jährige Maximilian Winges und die anderen Kerbburschen nochmals aus voller Kehle den Kerbspruch, ehe sie weiterfahren. Schließlich zieht Landwirt Michael Steinmetz, früher selbst jahrelang Kerbbursch, die Mann-schaft mit dem Traktor noch durch den ganzen Ortsteil. Wenig später wechseln sie über die Friedberger Straße hinweg in den alten Ortskern. Dort nehmen sie dann bei Andreas Plug ein zweites Frühstück ein, gegen 10 Uhr ist die Wecktour beendet.

„Das Wecken ist immer eine Riesen-Gaudi – wie eigentlich die ganze Kerb“, sagt der 25-jährige Kerbbursch Niko Jakob, der seit 2005 zu den Kerbburschen zählt. Nur der Tag danach ist für ihn etwas happig. Während sich einige der Kerbburschen zwei Tage oder eine ganze Woche Urlaub nehmen, um die Kerb zu verdauen, musste Niko am Montag wieder die Schulbank drücken, um seinen Abschluss als Maschinenbautechniker zu erwerben.