Satt im Plus wirtschaftet Karben: Die Investitionen auf Rekordniveau – das macht es der Opposition nicht einfach, Kritik an der Arbeit von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) zu finden. Seine politischen Gegner mühen sich im Parlament redlich.
Karben. Es ist wahrlich keine einfache Lage. Und das schon seit ein paar Jahren. Unter dem „Spardiktat des Schutzschirms“ steht Karben, erinnert SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Görlich. Sonderlich erfreut klingt das nicht. Dabei ist der Deal einfach: Die Stadt hat sich verpflichtet, den Haushalt ins Plus zu drehen und dauerhaft im Positiven zu wirtschaften. Im Gegenzug hat das Land der Stadt 16 Millionen Euro Altschulden abgenommen.
Vier Jahre ist es her, dass sich die Parteien in Karben auf das Sparprogramm verständigt haben. Welche Folgen es hat, zeigt der 2017er-Haushalt aus der Feder von Bürgermeister Guido Rahn (CDU): Ende des Jahres sollen 300 000 Euro übrig sein. Das wäre die Basis, dass die Stadt nach drei Jahren im Plus den Schutzschirm verlassen kann.
Nebeneffekt des Sparkurses: Teure Anträge können die Parteien knicken. Was SPD-Fraktionschef Görlich einräumt: „Wir würden uns ja unglaubwürdig machen.“ Zugleich erschwert der Sparkurs, kombiniert mit Rahns grandiosen Finanzzahlen, der Opposition seit 2012 die Kritik an der Arbeit der Stadtregierung. Dennoch bemüht sich der politische Gegner, was sich auch am Freitagabend bei der Generaldebatte im Parlament zeigte.
Kita-Kosten explodieren
Eine grundlegende Verbesserung der städtischen Schuldenlage sieht SPD-Fraktionschef Thomas Görlich nicht. „Kredite werden kreativ herumgeschoben, aber über Jahre ändert sich nichts Grundlegendes.“ Im Gegenteil werde Tafelsilber verkauft, um die Haushalte zu verbessern. Doch wenn ein Verlust drohe, „sind eventuell keine Grundstücke mehr da, um den Haushalt auszugleichen“. Unterm Strich repariere Rahn mit seinem Haushalt nur, aber das Zahlenwerk sei „nicht zukunftsorientiert“.
So fehlten Konzepte, wie Karben mit dem Wachstum um 3000 oder 5000 Einwohner bis 2025 umgehe. Der Bau von aktuell 19 Sozialwohnungen an der Waldhohl werde dafür „nur im alleroptimistischsten Glücksfall reichen“, warnt Görlich.
Wesentlich positiver sieht Michael Ottens die Lage. „Es besteht kein Grund, Fundamentalopposition zu machen“, lobt der Fraktionschef der Freien Wähler Karben als „eine der am besten verwalteten Städte im Wetteraukreis“. Ottens gehörte bis April selbst noch der Stadtregierung an.
Allerdings sei Karben „wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet“. Er sieht das größte Finanzrisiko in den explodierenden Kosten für Kitas. Binnen fünf Jahren sei das Defizit um 50 Prozent von 4,37 auf 6,7 Millionen Euro pro Jahr angestiegen. „Und es kommen keine Hilfen von Land und Bund, sondern immer wieder neue Aufgaben“, kritisiert er die unfaire Behandlung.
Die vom Parlament beschlossene Quote, dass die Eltern 20 Prozent der Kosten über ihre Gebühren übernehmen, sei inzwischen stark unterschritten, warnt Ottens. Dass die CDU dies so priorisiere, damit Karben junge Familien anlocke, „verstehe und akzeptiere ich“, sagt der FW-Frontmann. Dies führe aber zu einer Unwucht, weil andere Ausgaben dadurch hinten anstehen müssten. Ottens warnt: „Steuererhöhungen und Kreditaufnahmen könnten nötig werden.“ SPD-Fraktionschef Thomas Görlich sieht das genau so – eine seltene Einigkeit mit FW-Mann Michael Ottens: „Ich krieg’ eine Gänsehaut, wenn ich feststelle, dass wir uns näher sind, als mir lieb ist.“
Dagegen sieht CDU-Fraktionschef Mario Beck keine Gefahren. Stattdessen könne Karben 2017 eine Rekordsumme von acht Millionen Euro investieren, während die Stadt die niedrigste Grundsteuer aller vergleichbaren Wetterauer Städte biete – und die drittgünstigste Gewerbesteuer in Hessen. Den Weg wolle die CDU fortsetzen, kündigt Beck an: den Haushalt sanieren, die „Belastungen für Bürger gering halten“ und „gezielt in die Zukunft der Stadt investieren“.
Die „Lobhudelei“ Becks täusche darüber hinweg, dass einige Aufgaben ungelöst seien, moniert Grünen-Fraktionschef Rainer Knak. Auch er fordert mehr günstige Wohnungen, aber auch mehr Klimaschutz und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Er wie auch FDP-Stadtverordneter Oliver Feyl kritisieren, dass die Bürgerbeteiligung zur Stadtentwicklung nicht in Gang komme. Feyl warnt ebenso wie FW-Mann Ottens davor, dass angesichts des Stadtwachstums große Investitionen nötig werden – etwa ein Ausbau der Kläranlage. Das Etat-Plus von 300 000 Euro sei da „kein sanftes Ruhekissen“.
Fast wie Fidel Castro
Zwar sei „nicht alles Mist, was die Regierung macht“, sagt der linke Stadtverordnete Uwe Maag. Doch sei die Wohnraumpolitik eine Katastrophe, da es keine freie Sozialwohnung gebe. Für die Regierung Rahn seien „die Interessen von Unternehmen und Wohlhabenden wichtiger als die normaler Bürger“.
Was CDU-Fraktionschef Beck amüsiert. „Da fehlte nur noch der olivfarbene Parka von Fidel Castro“, attestiert er Maag „Klassenkampf pur“. Allerdings übersehe der Linke „sehr viel, was in Karben passiert“. Beispielsweise, dass die Stadt ja schon günstige Wohnungen baue, das Wohnraumproblem aber nicht alleine lösen könne. Was sogar Thomas Görlich und Rainer Knak der Regierung bestätigen. (den)