Bad Vilbel. Als einmalige Chance, mitten in der Stadt eine zukunftsweisende Bildungseinrichtung zu schaffen, bezeichnet der Bibliotheksexperte Professor Wolfram Henning die von ihm mitgestalteten Pläne für die Mediathek über der Nidda.
Der Erfurter Experte Prof. Henning ist international als Berater und Juror für Bibliotheksbauten tätig. Das Konzept der Bad Vilbeler Mediathek sei eine „Mischung aus Gutenberg und Bill Gates“ – nicht gedruckte Medien werden ein Drittel des Bestandes ausmachen. Sie solle sich auch wegen der Bevölkerungsstruktur gezielt an Jugendliche und junge Familien richten. Arbeiten, lernen und informieren, aber auch entdecken und unterhalten solle möglich sein. Es gehe um Lese- und Medienkompetenz, aber auch um eine Aufenthaltsqualität, die das Entdecken fördere.
Bereits im Eingang sollten sich Mediathek und Café ergänzen. Im Erdgeschoss ist eine auch akustisch abgekoppelte Kinder-Mediathek geplant, Die Zwölf- bis Dreizehnjährigen „sollen sich dort entfalten können“, betont Henning. Dort, wie auch im ersten Geschoss, sind flexible Regalwände vorgesehen, die Platz für Veranstaltungen machen können – bei den Kindern etwa Büchereiübernachtungen auf Strohsäcken, regt Henning an. Außerdem seien im Parterre Büros, Technik und ein Servicepunkt untergebracht.
Für Jugendliche und Erwachsene gibt es im ersten Stock Themenbereiche wie Belletristik und Literatur, aber auch zu den Glasfassaden mit Niddablick hin Computer-Arbeitsplätze und Sitzgelegenheiten mit Familiensofas. Jugendlichen werde eine Medien-Lounge zur Verfügung stehen, wo sie Filme ansehen oder Spielekonsolen nutzen können. Spaß und Lernen – das gehöre zusammen, sagt Henning.
Der seit 1970 als Bibliotheks-Experte tätige Henning betont, Büchereien seien „die am stärksten genutzte Bildungs- und Kultureinrichtung Deutschlands“ mit 200 Millionen Besuchern jährlich – in Bad Vilbel seien es trotz beengter Verhältnisse derzeit 38 000 Leser pro Jahr. Sie seien auch Impulsgeber, betont Henning. In Bad Vilbel gebe es „eine verkehrte Welt: Man macht Druck gegen eine optimale Lösung, ohne etwas Vergleichbares vorzuschlagen.“ Dabei sei der Standort über der Nidda in zentraler Lage und nicht versteckt in einem Gebäudekomplex ein Glücksfall, so Henning: „Die Bürger und die Stadt bekennen sich zu etwas.“
Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann ergänzte, der herausragende Standort bedinge andere Öffnungszeiten, die von Fachkräften betreut werden müssten. „Diese Chance wird die Stadt an einem anderen Ort nie wieder bekommen.“ Für Bad Vilbel, künftig auch mit der Europäischen Schule, müsse die Einrichtung angemessen sein. Wenn das Projekt Mediathek scheitere, werde der Zustand bleiben: „Ich wüsste nicht, wo woanders was passieren und wer das anschieben soll“, mahnte Kunzmann. (dd)