Bad Vilbel. Die Stadtwerke Bad Vilbel halten in der Quellenstadt nach Flächen Ausschau, die sich für Bohrungen zur Nutzung von Erdwärme eignen. Das sagte Stadtwerke-Geschäftsführer Klaus Minkel vor etwa 50 Besuchern einer Diskussion der Bad Vilbeler Grünen im evangelischen Gemeindezentrum „Arche“ in Dortelweil zur geplanten Beteiligung der Stadtwerke an einem Steinkohlekraftwerk in Lubmin.
Falls sich in Bad Vilbel eine Nutzung der Tiefengeothermie anbiete, formulierte Minkel vorsichtig, werde jedoch nichts ohne Abstimmung mit der lokalen Mineralbrunnenindustrie unternommen, um deren Interessen nicht zu gefährden.
Die Stadtwerke streben, so Minkel, eine Beteiligung von 28 Millionen Euro an dem Kohlekraftwerk in Mecklenburg-Vorpommern an. Für diese Anlage des dänischen Energiekonzerns Dong Energy, die 2012 ans Netz gehen und 115 Arbeitsplätze bieten soll, werde, so Minkel, mit Kosten von „deutlich mehr als zwei Milliarden Euro“ gerechnet. Die Stadtwerke engagierten sich ebenfalls am Bau eines Offshore-Windparks in der Ostsee. Für dieses Projekt werden Kosten von 60 bis 80 Millionen Euro genannt.
Unter der Moderation von Christian Kolb (Grüne) argumentierten die Sprecherin für Umwelt, Energie und Naturschutz der Grünen im Landtag, Ursula Hammann, sowie Werner Neumann vom BUND, der im Energiereferat der Stadt Frankfurt tätig ist, gegen Minkels Investitionspläne. Neumann brachte den „gigantischen CO2-Ausstoß“ ins Spiel, der die geplante Anlage unrentabel mache, wenn im Jahr 2012 Zertifikate für die nächste Handelsrunde ersteigert werden müssten. „Rentabler als riskante Geschäfte an der weit entfernten Ostsee“ seien für Bad Vilbel Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in der Stadt.
Auch Hammann warnte, „die Kohle-Rechnung geht nicht auf“. Denn der Preis für Export-Kohle explodiere. Dazu sei der Wirkungsgrad der Kohleverstromung zu gering, als dass sie zu rechtfertigen sei. „Ein begrenzter Rohstoff wird verfeuert und heizt nur die Atmosphäre auf“, so die Abgeordnete. „Eine Volkswirtschaft kann nicht knappe Ressourcen ohne größtmöglichen Effekt einsetzen.“ Sinnvoller sei es, gezielt die rechtlichen Rahmenrichtlinien zur Förderung erneuerbarer Energien zu schaffen. Eine Umkehr in der Energieversorgung sei zu schaffen. Sei man 1990 noch davon ausgegangen, der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergiebedarf könne langfristig vier Prozent nicht übersteigen, seien 2006 bereits knapp 15 Prozent erreicht worden.
Auch wenn der Anteil weiter steige, werde man bei einem Ausstieg aus der Kernkraft auf Kohlestrom angewiesen sein, argumentierte Minkel. Er berief sich dabei auf den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, einen Grünen. Der setze als Aufsichtsratsvorsitzender der dortigen Stadtwerke ebenfalls auf Kohle. Denn Wind und Sonne stünden in Deutschland nicht immer ausreichend und gleichmäßig zur Verfügung und brauchten Ersatzenergien. Das deutsche Stromnetz breche zusammen, wenn die Spannung unter einen gewissen Wert sinke. „Wir sind schon heute oft hart an der Grenze, dass die Lichter ausgehen.“
Lubmin sei mit den Kosten für CO2-Zertifikate kalkuliert und hoch flexibel ausgelegt, dass es mit einer Auslastung von 25 Prozent bis zu 115 Prozent – mit Unterstützung von Gasturbinen – arbeiten könne, um Lücken der Windfelder in Nord- und Ostsee aufzufangen. Indem die Emissionen ein Drittel unter alten Steinkohle- und 60 Prozent unter Braunkohlekraftwerten liegen, würden diese unrentabel, sofern insgesamt in Europa genug Strom zur Verfügung stehe.
Klaus Minkel warnte abschließend davor, sich in die Abhängigkeit von Importstrom zu begeben: „Der wird sicher nicht zum Nulltarif zu erhalten sein.“