Karben/Bad Vilbel. Seit Ostern sind die Hausarztpraxen flächendeckend in die Impfung gegen das Coronavirus einbezogen. Eine Umfrage in Karben und Bad Vilbel zeigt: Die Motivation ist hoch – doch die politischen Rahmenbedingungen machen den Praxen zu schaffen.
Dass ihre Praxen mittlerweile neben den weiter bestehenden Impfzentren gegen das Coronavirus impfen, bedeutet für Hausärztinnen und Hausärzte in der Wetterau einen wichtigen Schritt, aber auch eine »große Herausforderung«. Das betonen rund ein Dutzend Praxen in einer stichprobenartigen Umfrage dieser Zeitung unisono. Ein großer Teil von ihnen hat Informationen zur Impfung auf der eigenen Webseite veröffentlicht. Flächendeckend zeigt sich in den Gesprächen ein großes Engagement, mit den Impfungen einen wichtigen Schritt zur Eindämmung gegen die Pandemie zu leisten – ganz gleich, wie viel Arbeitsaufwand dies für das eigene Team im Praxisalltag bedeutet.
»Die Patienten nach Priorisierung einzustufen, sie zu kontaktieren und jede Woche neu zu planen, die vielen Fragen rund um die Impfungen und Testarten zu beantworten, das überlastet unsere Sprechstunde aktuell tagtäglich«, sagt Dr. Cristina Schuster. Ihre Praxis auf dem Bad Vilbeler Heilsberg impft bereits in der dritten Woche.
»Die Zuteilung der Impfstoffe erfolgt nur sehr zögerlich«, kritisiert Dr. Jürgen Fehr. Für seine Okarbener Praxis habe er zwischenzeitlich nur sechs Dosen pro Woche erhalten. »Damit kommen wir nicht weit«, sagt er. »Die Covid-Impfung ist mit sehr viel bürokratischer Arbeit verbunden«, erinnert darüber hinaus Allgemeinmediziner Sarmad Larik aus Klein-Karben. »Die Arzthelferin muss sich in kurzer Zeit darum kümmern, die Impfdosen vorzubereiten und alle Patienten zu impfen.« Das erlaube keine Zeit für lange Erklärungen, Diskussionen und Kommentare, appelliert er an Patienten.
Vor allem die Planung bedeutet im Alltag eine große Herausforderung: »Wir erfahren leider von einer Woche auf die andere, welche und wie viele Impfdosen wir bekommen«, erklärt Schuster. Eine langfristige Terminierung und Planung mache das »unmöglich«. In der Tat sieht das Bestellprozedere so aus: Hausarztpraxen bestellen bis dienstags 12 Uhr, wie viele Impfdosen sie benötigen. Dabei sind die Bestellzahlen noch stark begrenzt, für die Woche vom 26. April bis 2. Mai etwa konnten sie 24 bis 48 Dosen bestellen. Am Donnerstag erhalten sie dann eine Rückmeldung, wie viele der bestellten Dosen tatsächlich geliefert werden können – als Kombination aus den von der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Lieferdosen und den Bestellmengen aller Arztpraxen. Oft sind es deutlich weniger als die bestellten Zahlen. Faktisch bleibt damit also nur der Freitag, um die Impfungen der kommenden Woche zu planen. Am Montag werden die Impfstoffe jeweils geliefert.
Wie konkret die Praxen die Terminvergabe handhaben, unterscheidet sich dabei sehr, wie die Recherche zeigt. »Wir bitten die Patienten uns zu kontaktieren, das erleichtert uns die Arbeit«, sagt Schuster für ihre Vilbeler Praxis. Kollege Fehr präferiert eine E-Mail, die Praxis von Larik hat auf ihrer Webseite ein Formular bereitgestellt, über das Interessierte sich auf die Warteliste setzen lassen können. Andere Praxen hingegen bitten von Anfragen abzusehen und erstellen eigenständig eine Warteliste anhand der bekannten Kriterien wie Alter und Vorerkrankungen. Denn auch die Hausärzte sind in der Regel an die offizielle, bundesweit einheitliche Priorisierung gebunden.
Dabei betonen alle Hausärztinnen und Hausärzte, wie wichtig ihnen die Impfung sei. »Ich bin froh, einen Beitrag zu leisten, damit wir alle endlich aus dieser kritischen Situation kommen«, sagt Hausärztin Schuster. Die Impfung in den Zentren sei »meistens weit weg von zu Hause, unpersönlich, bürokratisch, langsam und teuer«, kritisiert ergänzend Fehr auf seiner Homepage, auf der er Informationen für Patienten zusammengestellt hat. »Impfen ist Vertrauenssache und gehört in die Hausarztpraxen«, unterstreicht auch Dr. Armin Beck, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Hessen. »Wir kennen unsere Patienten sowie deren Krankheitsgeschichte und können deshalb fundiert beraten und Ängste nehmen.« (jkö)