Veröffentlicht am

»Ich fühle mich hier sehr wohl«

Christian Voss an seinem Lieblingsplatz auf einem der Rundwege bei der Wasserburg. Foto: Eugen Sommer
Christian Voss an seinem Lieblingsplatz auf einem der Rundwege bei der Wasserburg. Foto: Eugen Sommer

Bad Vilbel – Die Burgfestspiele stehen vor dem Start in die 39. Spielzeit (16. April bis 7. September). Als kulturelles Aushängeschild der Quellenstadt ziehen sie jährlich rund 115 000 Gäste in das Freilichttheater. Ein Thema jedoch stellt das Management ebenso regelmäßig vor große Probleme: Wo sollen Schauspieler, Musical-Darsteller und Regieteams von außerhalb wohnen? Regisseur Christian Voss kommt bereits zum 19. Mal nach Bad Vilbel, freut sich auf seine angestammte Wohnung und appelliert dringend an potenzielle Vermieter, seine Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen.
Christian Voss, wie fühlt sich der bevorstehende Szenenwechsel von Ihrer Heimatstadt Lübeck nach Bad Vilbel an?
Ich freue mich sehr darauf. Es ist natürlich ein ganz anderes Leben als an der Küste, aber Bad Vilbel hat sich in den letzten Jahren ebenso positiv und vielseitig weiterentwickelt wie die Burgfestspiele selbst und ihre gesamte Infrastruktur. Ich fühle mich sehr wohl und willkommen hier. Die Stadt hat so viel urbanen Charakter, dass man überhaupt nicht ins nahegelegene Frankfurt muss – auf der anderen Seite fühlt man sich zum Beispiel auf dem Dottenfelderhof fast wie auf einer bayerischen Alm.
Sie beziehen dieses Jahr für einige Wochen eine Ihnen bereits bekannte Wohnung?
So ist es – und ich schätze dieses Wiederkommen sehr, denn man weiß, was einen erwartet, was man einpacken sollte und was zu Hause bleiben kann. Man kennt seine Vermieter – und die wissen wiederum um die etwas ungewöhnlichen Tagesabläufe am Theater.
Inwiefern sind diese ungewöhnlich?
Nun, wir proben meistens morgens, die Freizeit liegt eher nachmittags – und abends sowie am Wochenende, wenn die meisten anderen Menschen frei haben, sind für uns die Aufführungen angesetzt. Dies bedingt, dass wir durchaus mal erst gegen 23 Uhr zurückkommen – aber dann nicht von einer Party oder gar einer Kneipentour, sondern eben von der Arbeit. Dies sollten Vermieter vorab wissen.
Das klingt eher nach Disziplin als nach Künstlerleben und Bohème.
So ist es, wir arbeiten sehr konzentriert und diszipliniert, obwohl wir natürlich auch gelegentlich einen Erfolg feiern. Generell kann ich sagen, dass wir wahrscheinlich ruhiger sind als viele andere Mieter – und ordentlich dazu, weil wir wissen, welches Geschenk eine solche Gastwohnung ist und wie man mit ihr umzugehen hat.
Welche Minimalanforderungen sollte eine Wohnung für ein Mitglied der Ensembles erfüllen?
Essenziell sind eine Küchenzeile, ein Bad mit Dusche und eine eigene Waschmaschine oder zumindest die Gelegenheit, eine solche mitzubenutzen. WLAN wäre nicht schlecht, aber das ist meiner Erfahrung nach sowieso meistens gegeben. Ein eigener Zugang zur Wohnung – oder auch zu einem Ein-Zimmer-Appartement – ist wichtig. Und eine ruhige Lage wäre perfekt, vor allem, wenn man zu Hause arbeitet, wo die Schauspieler sich zum Beispiel im Textstudium befinden.
Werden nur in der Kernstadt Wohnmöglichkeiten auf Zeit gesucht?
Nein, es dürfen auch ruhig die Stadtteile sein, Hauptsache, die Burg ist mit dem Fahrrad zu erreichen. Denn ihr Auto lassen die Kolleginnen und Kollegen meist zu Hause.
Apropos zu Hause: Stellt es nicht einen immer wiederkehrenden Spagat dar, das Kurzzeit-Leben in Bad Vilbel mit dem in der Heimat zu vereinbaren?
Ja, das ist Fakt. Für mich als Regisseur beträgt die Aufenthaltsdauer ja nur etwa sechs Wochen, ab April bis zur Premiere. Doch viele Schauspiel- und Musicalteams bleiben über die ganze Saison hier, also fünf bis sechs Monate, das ist schon ein Einschnitt, auf den man sich einlassen und den man organisieren muss.
Kommen die Familien innerhalb einer so großen Zeitspanne nicht manchmal zu Besuch?
Die meisten Theaterschaffenden, die sich in Bad Vilbel einmieten, sind Solisten. Aber gerade, wenn kleine oder größere Kinder vorhanden sind, werden sie Mama oder Papa zwischendurch sehen wollen. Dies muss im Vorfeld mit den Vermietern geklärt werden.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Bad Vilbeler Gastgebern?
Durchweg gute – und das trifft auf die allermeisten in unseren Teams zu, die selbst über den Sommer hin eine verschworene Berufs- und Familiengemeinschaft bilden. Das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter ist dabei unterschiedlich eng, so wie es eben im speziellen Fall für beide Seiten am besten passt. Familienanschluss ist jedenfalls nicht eingeplant – andererseits sind aber auch schon Freundschaften entstanden.
Und ist es üblich, dass man quasi »Stammgast« in einer Kurzzeitwohnung wird?
Durchaus. Die Burgfestspiele leben von großer Kontinuität, wir haben viele »Wiedergänger«, so wie mich selbst. Das spricht für die gute Zusammenarbeit und auch für die vielen Wohlfühlfaktoren in der Stadt, woran die Gastwohnung einen großen Anteil hat.
Welche Stücke werden Sie in der bevorstehenden Saison inszenieren?
»Peter Pan« und die »West Side Story« – worauf ich mich sehr freue. Ich möchte ich nochmals dringend an alle Vermieterinnen und Vermieter appellieren, die ein erschwingliches Angebot haben, dieses an die unten genannte Kontaktadresse zu melden und meinen ab April eintreffenden Kolleginnen und Kollegen aus Berlin, Leipzig, Stuttgart, Hamburg oder der Schweiz, aus Frankreich und Österreich ein Zuhause auf Zeit anzubieten. Wir sind dankbar dafür, und es ist ein essenzieller Beitrag zum Gelingen der Burgfestspiele als kulturelles Großereignis von überregionaler Bedeutung.
Von Inge Schneider