Veröffentlicht am

Hilfe für junge Familien

„Wellcome“-Projekt richtet sich an Eltern mit Babys • AWO übernimmt Trägerschaft

Die Awo übernimmt ab Mai die Trägerschaft des Wellcome-Projekts in Bad Vilbel (von links): Jutta Wagner (Familienbüro), Rainer Fich (AWO-Vorsitzender), Dezernentin Heike Freund-Hahn und Koordinatorin Ilona Schopf. Foto: Deul
Die Awo übernimmt ab Mai die Trägerschaft des Wellcome-Projekts in Bad Vilbel (von links): Jutta Wagner (Familienbüro), Rainer Fich (AWO-Vorsitzender), Dezernentin Heike Freund-Hahn und Koordinatorin Ilona Schopf. Foto: Deul

Das „Wellcome“-Projekt zur Betreuung junger Familien kann weitergehen. Nachdem die Evangelische Familienbildungsstätte im Februar ausstieg, übernimmt die Bad Vilbeler Arbeiterwohlfahrt ab Mai als neuer Träger das Angebot. Denn gerade in der Quellenstadt gibt es eine große Fluktuation mit vielen Zuzüglern, die nicht auf eigene Omas und Opas zurückgreifen können.

Bad Vilbel. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) habe man lange Zeit als Verein für ältere Leute bezeichnet, aber zu Unrecht, sagt deren Vorsitzender Rainer Fich. Im AWO-Treff werden gerade die Krümel weg gekehrt vom nachmittäglichen Café Kleeblatt, der Betreuung für Demenzkranke. Da ist die AWO aktiv, aber sie macht auch seit neun Jahren den Mittagstisch für Benachteiligte, bereits seit elf Jahren eine Schuldnerberatung und ist aktiv in der Betreuung von Grundschülern an der Stadtschule, der Ernst-Reuter-Schule und der Regenbogenschule. Doch ab Mai sind auch die ganz Jungen dran: Neugeborene bis zum ersten Lebensjahr.

Ersatz für Opa und Oma

Um die kümmert sich seit Ende 2010 in Bad Vilbel ein Ableger des „Wellcome“-Projektes, federführend betreut durch die evangelische Bildungsstätte Wetterau. Die ist jedoch im Februar aus finanziellen Gründen ausgestiegen. Zuletzt wurden bis Februar 15 bis 17 Familien im Jahr betreut, erhielten zwei bis drei Mal wöchentlich Besuch von zuletzt sieben ehrenamtlichen Helferinnen, berichtet Ilona Schopf, die das Ganze auch weiterhin koordiniert.

Die Besuche seien „eine moderne Form der Nachbarschaftshilfe“, sollen die jungen Mütter unterstützen mit dem, was früher noch Oma und Opa leisteten. Sich mit dem Baby beschäftigen, Tipps geben, zum Arzt begleiten, den Müttern auch mal eine kurze Auszeit ermöglichen. Aber die Ehrenamtlichen sind zugleich auch Familienberater. Sie machen Fortbildungen zu Themen wie Erste Hilfe am Kind oder Wochenbettdepression, berichtet Schopf.

Entstanden ist „Wellcome“ 2002, als eine leitende Mitarbeiterin einer evangelischen Bildungsstätte von Stuttgart nach Hamburg umzog und dort mit ihrem Baby plötzlich allein dastand. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) übernahm 2002 die Schirmherrschaft.

Rappelvolle Elterntreffs

In Bad Vilbel gibt die Stadt jährlich 2000 Euro hinzu, „weil wir von dem Projekt überzeugt sind“, so Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP), und weil es als niedrigschwelliges Angebot gerade jungen Familien helfe, denen die sozialen Kontakte fehlen. In der Quellenstadt gibt es großen Bedarf, ergänzt Jutta Wagner vom städtischen Familienbüro.

Jährlich gebe es 270 bis 280 Neugeborene, dazu einen großen Bevölkerungswandel mit jährlich 3000 Zu- und Wegzügen. Wie groß der Bedarf nach sozialen Kontakten für die vielen Neubürger ist, zeige auch, dass etwa die Elterntreffs „immer rappelvoll“ seien, berichtet Wagner.

Doch trotz des ehrenamtlichen Engagements geht es auch ums Geld. Auf 8000 Euro ist das Projekt jährlich kalkuliert, sagt Fich. Man müsse sich verabschieden von dem Gedanken, alles vom Ehrenamt aufzufangen. Ein Lernprozess, den die AWO schon gemacht habe, erläutert er. So sei die AWO-Schuldnerberatung nun ein offizielles Angebot des Kreises, mit der Bedingung, dass ein Jurist mitarbeite.

Auch Koordinatorin Schopf, eine Heilpraktikerin und Erzieherin mit psychomotorischer Zusatzausbildung, erhält fünf Wochenstunden honoriert. Dazu kommt der Aufwand dafür, das Projekt etwa mit Flyern bekannt zu machen und nicht zuletzt Versicherungskosten.

Sprechstunden im HdB

Und es gibt weiterhin ihre wöchentlichen Sprechstunden im Haus der Begegnung: dienstags von 10.30 bis 12.30 Uhr. Anmelden kann man sich unter der Rufnummer (01 52) 04 91 51 71 oder per E-Mail: bad-vilbel@wellcome-online.de.

Für die Betreuung fallen Kosten von fünf Euro je Stunde plus zehn Euro Vermittlungsgebühr an, doch Schopf betont, allein aus finanziellen Gründen werde niemand ausgeschlossen. Unterstützt wird „Wellcome“ mit je 2000 Euro durch die Humanistische Stiftung und die BVB-Stiftung, zu der Fich den Kontakt zu Stiftungsverwalter Hansgeorg Jehner herstellte. Angelegt ist die „Wellcome“-Kooperation mit der AWO auf zunächst drei Jahre.

Weil Vertrauen die Grundlage für die Hilfe in den Familien ist, müssen die Helferinnen ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen und sind über ihre Arbeit zur Verschwiegenheit verpflichtet. Um eine zu feste Bindung der Helfer zu vermeiden, sollen diese nur vier Monate lang in einer Familie sein. Aber es gab auch einen Fall, wo die ehrenamtliche Dame abgesprungen ist, um weiter und ganz privat die Kontakte zu den liebgewonnenen Kindern zu pflegen, räumt Schopf ein.