Bürger, die einem dementen Passanten helfen, weil er die Orientierung verloren hat, können diesen nun diversen „Kümmerstellen“ in der Stadt anvertrauen. Das Netzwerk hat die Betreuungs-Initiative Café Kleeblatt initiiert.
Bad Vilbel. Die Zahl dementer Menschen nehme immer weiter zu, sagt die Altenpflegerin Lucia André, die das „Kleeblatt“ mitinitiiert hat. Wer dort die beiden Gruppen besuche, merke auf den ersten Blick nichts von der Beeinträchtigung. Es werde gespielt und gesungen – aber oft mangele es an der Alltagskompetenz, dem regelmäßigen Gestalten des Alltags: Aufstehen, waschen, kochen. Auf der anderen Seite wachse das Bedürfnis, das eigene Leben möglichst lange selbst in der eigenen Wohnung zu gestalten – auch bei Alleinstehenden. Dann komme es zu Situationen wie jene von einer Frau, die zum Friseur gehe – und plötzlich nicht mehr zurückfinde. André hat die Frau mitgenommen, den Ehemann informiert. Aber es gibt Probleme: „Darf ich den Friseur informieren?“ Dramatisch erlebte sie den Fall einer alten Dame, die gerne Blumen pflückte – und eines Nachts im Nachthemd mit einem Messer am Waldrand aufgefunden wurde. Die Polizei vermutete Suizidgefahr, brachte sie zunächst in die Psychiatrie. So weit soll es künftig nicht mehr kommen, denn auch die Polizei ist, neben den Vilbeler Apotheken, einigen Geschäften, Kirchen, Altenzentrum und Diakonie eine „Kümmerstelle“. Das Symbol ist ein oranger Aufkleber mit einem grünen Kleeblatt in der Mitte und der Aufschrift „Wir kümmern uns um hilflose Mitbürger“.
Dort können hilfsbereite Bürger Ortientierungslose in Obhut geben. Solche Fälle gebe es einmal pro Monat, berichtet Gunar Schnierle, der das Projekt auf dem Bad Vilbeler Revier betreut. Er wirbt um Unterstützung, damit dementen Menschen möglichst schnell geholfen werde. Angehörige oder Betreuer könnten freiwillig ein Datenblatt ausfüllen, das die schnelle Identifizierung der dementen Menschen und ihrer Herkunft ermögliche. Die „Kümmerstellen“ seien ein Beitrag zum solidarischen Zusammenleben in der Stadt, betont Seniorenbüro-Leiterin Marianne Sahner-Völke. Sie seien eine Unterstützung für „das schwächste Glied in der Kette, die hilfsbereiten Bürger“, so Hans-Ulrich Callies, Vorsitzender der Kleeblatt-Trägerversammlung. Dadurch, dass sie einen Anlaufpunkt haben, würden sie ermutigt, nicht wegzuschauen, wenn jemand Hilfe brauche: „Der Bürger muss wissen, ich engagiere mich – und kann trotzdem nach zehn Minuten meinen Einkauf fortsetzen.“ Wegen der großen Nachfrage soll ab 1. März (donnerstags ab 14 Uhr) eine dritte Demenz-Gruppe eingerichtet werden.