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Hier Liebe, dort Respekt

Canzone-selige Sommerkomödie mit vielen deutsch-italienischen Klischees

Italienische Stimmung auf der Bühne der Wasserburg bei der Komödie „Maria, ihm schmeckts nicht“. Die Premiere kam ausgesprochen gut an. Foto: Eugen Sommer
Italienische Stimmung auf der Bühne der Wasserburg bei der Komödie „Maria, ihm schmeckts nicht“. Die Premiere kam ausgesprochen gut an. Foto: Eugen Sommer

Mit der Komödie „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ landen die Burgfestspiele Bad Vilbel einen italophilen Treffer

Bad Vilbel. Die Story ist schlicht und dient in Christian H. Voss’ Regie als Vorwand, um in gut zwei Stunden rund 20 altbekannte Musiktitel zu trällern und zu tanzen, darunter ein Strand-Medley. Auf „Tu vuò fa’ l’Americano“, dies Wirtschaftswunder-Spottlied auf kulturelle Nachäfferei, folgt dabei gleich „Help!“ von den Beatles, womit der Erzähler und Held Jan (Thomas Zimmer) um Hilfe ruft. Ähnlich eingebettet in die Handlung sind viele Lieder, auch hält Jan immer mal komische kulturvergleichende Vorträge, damit man am Ball bleibt.

Ansteckend lustig

Nach „Help“ folgt ein Canzone-Klassiker dem anderen: „Felicità“ und „Mambo italiano“, das Original zur Faschingsnummer „Pizza Wundaba“, „Ti amo“ und „Azzurro“, auch Gianna Nanninis Rocksong „Bello e impossibile“. Mit „Lasciatemi cantare“ und dem umsatzstärksten Sommerhit „In the Summertime“ geht das Strandmedley los und zieht selbstironisch über Sommerhits her: von Dean Martins „That’s Amore“ über „Volare“ und Boney M. („Daddy Cool“), von „Yes Sir, I can boogie“ („Baccara“) bis zu knappen Calypso-Takten als homerischem Sirenen-Schlenker. Außerdem Elvis, dessen „Love me Tender“ im Hochzeits-Plot so wenig fehlen darf wie O sole mio“, und am Ende nochmals „Mambo italiano“ sowie das Italien-Fake „Capri-Fischer“.

Das Ergebnis suhlt sich ansteckend in Italien-Klischees, bis auch jedes falschbetontes Wort, jede übergroße Geste der Partitur aus Italo-Gesten als sympathisierender Spott rüberkommt. Natürlich kommt das Ensemble gut mit dem Italienischen klar: in Sprache und Lebensausdruck.

Leute jeden Grades an Italien-Sattelfestigkeit haben ihren Spaß. So wie eine Canzone grazie-adio kein „Schlager“ sein muss und das Sanremo-Festival della canzone ein Kulturereignis ist, löst sich in der Wasserburg alles humorig auf: Theater als Kopfschmerztablette gegen dumpfe Neonazi-Umtriebe bis in den Bundestag. Der italienische Stiefel: versenkt im vielbeschäftigten AfD-Hintern.

Wenn Deutsche Italien lieben und Italiener Deutsche respektieren, wie einige sagen, macht „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ eine Liebeshochzeit daraus. Jan hält um seine Sara (Julia-Elena Heinrich) an, heiratet Brautvater Antonio (Volker Weidlich) quasi mit und wird so „meine liebe Jung“.

Antonio ist mit der Deutschen Ursula verheiratet (Silke Dubilier), kam einst als Gastarbeiter und will den Italien-Bezug der Tochter wahren. Darum lädt er Jan und dessen Eltern (Kai Möller, Susanne Rögner) zur Zweit-Hochzeitsfeier nach Italien.

Die spielt sich bei Campobasso ab, das Rom gegenüber an der Adria-Wade statt am Schienbein des Stiefels liegt: voller Nostalgie im Sound der 1950-80er Jahre, mit Kleinstadt-Chor in Don-Camillo-Kostümen auf den Galerien und auf der von Claus Stump gestalteten Bühne.

Im Eck steht ein Gebäude mit Fisch-Stillleben darauf, mit Umlauf, Treppe und mobilen Tischen und Bänken, die samt der reichen Requisite viele Szenen zulassen: den Anstandsbesuch bei Antonios Familie, die Autofahrt und das wuselnde Städtchen, die baci gebende Verwandtschaft, die keuschen Nachtszenen der noch Unverheirateten und das große Pranzo (Festmahl), die ausgelassenen Ensemble-Tänze, den Strandtag mit allerlei Typen vom Schönling Marco (Krisha Dalke) bis zum urigen alten Paar aus Nonno und Nonna.

So bunt und flexibel operieren auch Monika Seidls Kostüme aus Realismus und humorvoller Brechung, wenn etwa Jan kurze Hosen trägt, was sich nur aus der Buchvorlage Jan Weilers richtig erklärt. Der Autor ließ sich von seinem realen suocero (Schwiegervater) Antonio dessen Leben erzählen, das als Theater-im-Theater integriert ist. Berührend der Szenenrückblick, als der junge Antonio als Kellner erstmals seiner Ursula begegnet und sich gleich gegen einen grobschlächtigen Rüpel dessen Nazisprüche und Nazimanieren behaupten muss.

Fremdheitserfahrung

Zuviel Ernst sollte man auf „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ aber nicht abladen. Die effektiven Arrangements (Philip Polzin), der Gesang und das quirlige Gehopse (Kerstin Ried) sind bunt und eine stets gutgemeinte Liebeserklärung an „die“ Italiener. Schön zu sehen, wie an ihnen eine Fremdheitserfahrung in Deutschland zur echten kulturellen Eingemeindung und wechselseitigen Bereicherung wurde.


Ab Samstag, 7. Juli, steht „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ wieder auf dem Spielplan. Im Juli gibt es dann noch acht weitere Vorstellungen, im August fünf und im September drei. Karten kosten zwischen 24 und 47 Euro; Reservierung und Spielplan über www.kultur-bad-vilbel.de.