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Heilsberger Hausbesitzer wird Burgherr

Ein Hingucker ist die Heilsberger Burg im Altvaterweg. Ideengeberin Martina Sommer und Graffiti- und Streetart-Künstler Sebastian Stehr mit Auftraggeber Gino Boehm (r.). Foto: Fauerbach
Ein Hingucker ist die Heilsberger Burg im Altvaterweg. Ideengeberin Martina Sommer und Graffiti- und Streetart-Künstler Sebastian Stehr mit Auftraggeber Gino Boehm (r.). Foto: Fauerbach

Bad Vilbel. Mit Mut und Fantasie verwandelten ein Hausbesitzer und ein Künstler auf dem Heilsberg ein schlichtes Mietshaus aus den 1950er-Jahren in einen echten Hingucker. Und so gibt es seit März neben der historischen Wasserburg noch eine weitere Burg, wenn auch keine echte, auf der Vilbeler Höhe.
Es war einmal ein unauffälliges Mietshaus aus den 1950er-Jahren, das am Ende einer ruhigen Sackgasse auf dem Heilsberg steht. Wie vielen Gebäuden setzte auch diesem Gebäude im Laufe der Jahrzehnte die Witterung zu. Vor allem Regen hinterließ seit dem letzten Anstrich deutliche Spuren an der Hausfassade. »Das Haus musste neu angelegt werden, der ehemals weiße Anstrich war verschmutzt«, sagt Hausbesitzer Gino Boehm.
In einem Gespräch mit Graffiti- und Street Art-Künstler Sebastian Stehr und dessen Lebensgefährtin Martina Sommer berichtet er von seinem ungewöhnlichen Vorhaben. Das Trio kennt sich von früheren Projekten her. So hat Sebastian Stehr im Frühjahr 2023 Südseeflair auf die Gartenhausfassade gesprüht und ein Jahr später die Wand an der Outdoor-Küche aufgepeppt. Der Hausbesitzer überlegte nun, mit welche Farbe er dieses Mal das Haus streichen lassen sollte. Wieder in einem klassischen Weiß-Ton oder farbig wie einige Nachbarhäuser? »Warum wagst Du nicht einmal etwas Ungewöhnliches? Wie wäre es mit einer Schlossfassade«, schlug Martina Sommer spontan vor.
Wie einst der
Raubritter Bechtram

Bei Schloss dachte Gino Boehm sofort an das Cinderella Schloss. Das war nicht sein Geschmack. Er wollte lieber wie einst der berüchtigte Raubritter Bechtram eine Burg haben. Gesagt, getan. Sebastian Stehr war von der Idee, Kunst am Bau zu verwirklichen und damit eine Art zweite Vilbeler Burg ins öffentliche Interesse zu rücken, verlockend. Beim Plan zur Gestaltung der Hausfassade ließ es sich von seiner Fantasie leiten. Bauherr und Künstler erarbeiteten gemeinsamen einen Entwurf.
Im März rückte der Künstler mit einem Hubwagen und jeder Menge Sprühdosen in den unterschiedlichsten Farben an. »Bauen« wollte »indian_t2b«, das ist der Künstlername von Sebastian Stehr, die Heilsberger Burg im Altvaterweg mit regionalen Baumaterialien. Seine Wahl fiel auf Wetterauer Sandsteine. Auf der Fassade wechseln sich Steine in Gelb- und Rot- sowie Braun- und Grüntönen ab. Der dezente, aber zugleich mehrfarbige Mix verleiht der Fassade Lebendigkeit. Die in der Sonne changierenden Steine zaubern auf die Hausfassade die Illusion einer Burgfassade.
Zehn Tage sprühte Sebastian Stehr in aufwendiger Arbeit bis es soweit war und sich die weißen Seiten des Hauses nach und nach in täuschend echte Burgmauern verwandelten. Mit viel Liebe zum Detail und mit Hilfe der »original« mehrfarbigen Wetterauer Sandsteine ist die Heilsberger Burg eine echte Sehenswürdigkeit. Wer sich Zeit nimmt, wird auf der Fassade zahlreiche Details entdecken. Dazu gehört Efeu, aber auch je ein Blumenstrauß, eine Kerze oder ein Vogel in einem der Burgfenster und ein massives »hölzernes« Burgtor mit Laterne. An der Westseite verfügt die Heilsberger Burg zudem über Schießscharten und einem mächtigen Turm.
Wie perfekt dem Künstler die Illusion gelungen ist, verrät Martina Sommer. So stand in der Dämmerung ein Pizzabote vor dem Burgtor und suchte vergeblich nach einer Klingel. Erst als er an das Tor klopfte, erkannte er die täuschend echte Bemalung.
Mit der Umsetzung dieser Kunst am Bau sind alle zufrieden. Und die Ideengeberin schwärmt: »Ich finde das Ergebnis ist super. Viele Passanten bewundern das außergewöhnliche Werk.«. Der Künstler sagt: »Gesprühte Farben sehen in der Regel länger gut aus. Regennasen fallen bei diesem Burgdesign kaum auf. Mir gefällt die Sandsteinoptik sehr gut. Sie wäre ideal für eine kleine, feine Kunst-am-Bau-Serie mit verschiedenen Motiven.«
Von Christine Fauerbach