Karben. „Spätestens im Sommer“ will Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) das Baurecht für die Nordumgehung Groß-Karben erklären. Zuvor aber muss das Ministerium noch eine harte Nuss knacken und das Berufsbildungswerk Südhessen (bbw) vor Lärm schützen.
Die Antwort aus Wiesbaden kam in der Groß-Karbener Bahnhofstraße an: Harald Ruhl hatte sich namens der Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“ Anfang Januar nach Wiesbaden gewandt und für ein schnelles Baurecht für die Nordumgehung geworben.
Mehr als einen Monat brauchte die Antwort von Wirtschaftsminister Posch. Und der erinnert an „Widerstände aus unterschiedlichen Teilen der Bevölkerung“ gegen das Straßenbauprojekt. So stemmen sich zum einen Umweltschützer gegen die Trasse quer durch die Niddaaue, zum anderen liegt die Trasse manchem Anwohner im Norden Groß-Karbens viel zu nah an seinem Grundstück.
Schwierigster Knackpunkt aber dürfte der Schutz des Berufsbildungswerks Südhessen (bbw) am westlichen Ende der neuen Trasse sein. „Wir wollen nicht die sein, die eine von großen Teilen der Bevölkerung erwünschte Straße verhindern“, sagt bbw-Geschäftsführerin Renée Eve Seehof. „Aber die Entlastung anderswo darf nicht zu einer Belastung hier werden.“ 200 Menschen, vor allem benachteiligte Jugendliche, wohnen auf dem bbw-Gelände.
Erst im Genehmigungsverfahren waren die bbw-Oberen aufgeschreckt: Sie forderten einen höheren Schutz ein, nachdem ihr Gelände zunächst nur als Schule oder als gemischtes Gewerbegebiet eingestuft war. Das bbw gilt nun als „besonders schützenswerte Institution“, ähnlich eines Krankenhauses oder eines Altenheims. „Deshalb muss ein anderer Schallschutz erfolgen“, erklärt Renée Eve Seehof.
Zum Teil seien die Lärmschutzforderungen mit Zusagen erfüllt worden, berichtet Gerhard Ohl vom Darmstädter Regierungspräsidium (RP). Dort lief das Genehmigungsverfahren. Doch hätten nicht alle Forderungen mit den Planungen in Einklang gebracht werden können. „Mit diesen Knackpunkten sind die Unterlagen dem Ministerium übergeben worden“, erläutert Gerhard Ohl.
Damit liegt nun die Entscheidung in Wiesbaden, wie mit den Lärmschutzforderungen verfahren wird. Über den aktuellen Stand konnte ein Ministeriumssprecher keine Auskunft geben. Minister Posch gibt aber eine klare Richtung vor: Die noch nicht ausgeräumten Einwendungen sollten „sorgfältig geprüft“ werden. Seine Entscheidung wolle er dann im Beschluss darlegen. Besonders verweist der Minister darauf, dass die Gesetzeslage das Abwägungsgebot beinhalte. Damit lässt sich eine Planung auch gegen Widerspruch durchsetzen, sofern sie übergeordneten Interessen nachkommt. (den)