Karben. Eine Bilanz zur Hälfte seiner sechsjährigen Amtszeit zieht Bürgermeister Roland Schulz (SPD). Die zentralen Wahlversprechen habe er gehalten und zugleich gespart. Allerdings sieht er seine politische Alltagsarbeit durch die „ständigen Anfeindungen“ aus dem Parlament getrübt, sagt Schulz.
„Ich muss dokumentieren, dass ich fleißig gewesen bin“, findet der Bürgermeister und zwinkert freundlich mit den Augen. Deshalb listet er seine Bilanz von drei Jahren auf dem Chefsessel im Rathaus auch auf 13 Seiten auf. „Viele Dinge gehen mir zu schleppend“, resümiert er nach drei Jahren im Amt. Viele Vorhaben wurden zuletzt durch die Konfrontation zwischen ihm und dem Parlament gebremst, besonders der Haushalt. Mehrfach sagte Schulz, sich nicht mehr direkt mit den Koalitionären außerhalb der Öffentlichkeit unterhalten zu wollen. „Ich suche eigene Wege im Umgang mit der Stadtverordnetenversammlung“, erläutert der Rathauschef. So habe er beim Etat dem Parlament die Entscheidung über Streichungen nicht abnehmen wollen und alle Ausgaben eingeplant, erklärt er die Vorlage des Entwurfs mit zehn Millionen Euro Defizit. „Das ist ein provozierender Weg“, räumt Schulz ein. „Ich will klare Anweisungen, nicht jemanden vorführen.“
Soziales, Stadtentwicklung und Verkehr bestimmen seine positive Seite der Bilanz einer „behutsamen Stadtentwicklung“, etwa die Dorferneuerung Rendel mit neuem Dorftreff,. Auch die Baugebiete Alter Sportplatz Petterweil und Brunnenweg Groß-Karben entwickeln sich „prächtig“.
Die Nordumgehung Groß-Karben kommt schon 2008 – wenn es Schulz auch offensichtlich wurmt, dass er diese Nachricht nicht selbst verkünden konnte. Das hessische Verkehrsministerium kündigte den Baubeginn erstmals in der FNP an, bestätigte den Termin dann dem Koalitionsführer CDU. Es sei „sonderbar“, findet Schulz, „wenn es nicht über den offiziellen Weg läuft“ – was er mal „so lästerlich“ sage. Nun schaut Schulz voran, will Groß-Karben ins Dorferneuerungsprogramm bringen. Die Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“ lobt er als „Glücksfall“.
Sieben von neun städtischen Kitas bieten inzwischen Ganztagsbetreuung mit zusammen 150 Hortplätzen an. Wegen rückgänger Anmeldezahlen sei es richtig gewesen, den Kindergarten Bindweidring Burg-Gräfenrode nicht zu bauen.
Um die Finanzen zu stabilisieren, seien „alte Bärte abgeschnitten“ worden wie Karben-Pass, Windelzuschuss, Kabelanschlüsse. Reinigungsarbeiten wurden privatisiert, Kitas geschlossen, Hundesteuer erhöht. Nach Eröffnung des Altenzentrums baute die Stadt altengerechte Wohnungen, folgt der steigenden Nachfrage.
Die großen Streitthemen nehmen nur wenig Platz ein, etwa die umstrittenen Kredit-Geschäfte. „Ich denke, wir sollten Ruhe kriegen in dieses Thema“, findet Schulz. „Sich ständigen Anfeindungen ausgesetzt zu sehen und angeschwärzt zu werden, rauben einem die Freude an der Arbeit“, sagt er. „Vielleicht hätte man den Zeitpunkt anders wählen können“, dennoch sieht er bei den Kredit-Geschäften keinen Fehler: „Die Bestätigung vom Landrat und vom Hessischen Städte- und Gemeindebund reicht mir.“
Schuld an der Polit-Konfrontation ist laut Schulz die Koalition: „Ihr geht es einzig und allein darum, die in der Stadtverordnetenversammlung erlangte Macht auch im Magistrat widerzuspiegeln.“ Beispiel: Weil die Stadt das Bahnhofsgebäude Groß-Karben nicht kaufte, entwickele es sich nun zu einer Dreckecke. „Damit hat sich die Koalition ein langfristiges Denkmal gesetzt.“
Als „lächerliche Nummer“, „Pille-Palle-Kram“, „dummer Lapsus“ beurteilt er die E-Mail-Affäre vom vergangenen Frühjahr. Damals hatte Schulz zweifach SPD-Mitteilungen über die städtische Pressestelle versenden lassen, was die Wahl anfechtbar machte und ihm hessenweite Aufmerksamkeit bescherte. Heute spricht Schulz die Affäre an, wenn er nach seinem größten Fehler der vergangenen drei Jahre gefragt wird. Und verschränkt dabei die Arme. (dpg)