Die evangelischen Gemeinden in Karben stehen vor großen Herausforderungen. Weniger Gemeindemitglieder bedeuten weniger Pfarrstellen. Auf der Groß-Karbener Gemeindeversammlung wurde die Dis- kussion darüber eröffnet, ob ein Zusammenschluss ein zukunftsfähiger Weg ist.
Karben. „Warum kann nicht alles so bleiben wie es ist?“ Diesen Seufzer stieß manches Gemeindemitglied bei der Groß-Karbener Gemeindeversammlung aus. Pfarrer Christian Krüger hatte dargelegt, dass die Kirchenleitung in zwei Jahren für Karben die neue Pfarrstellenberechnung zugrunde legen wird. Den sechs Karbener Gemeinden stehen dann vermutlich nur noch 3,5 bis vier Pfarrstellen statt derzeit 4,5 Pfarrstellen zu. Karben hat dann einen Pfarrer weniger.
Wenn das die Gemeinden nicht eiskalt erwischen soll, dann sind neue Formen der Zusammenarbeit nötig. Pfarrer Krüger stellte die Möglichkeiten vor. Eine Option ist, dass sich die Gemeinden auflösen und zu einer Großgemeinde mit mehreren Pfarrern und einem Kirchenvorstand fusionieren. Die Alternative und zweite Option wäre, dass die Gemeinden von Petterweil, Groß-Karben mit Kloppenheim, Okarben, Burg-Gräfenrode, Klein-Karben und Rendel kirchen- und vermögensrechtlich bestehen bleiben, aber sich zu einer Gesamtgemeinde mit kleinen Ortsgemeinden zusammenschließen.
Leitung entscheidet
Wie dann Leitung, Gemeindearbeit, kirchliche Dienste und Seelsorge jeweils aussehen könnten, darüber soll in Planungsgruppen diskutiert werden. Bis Ende 2019 haben die Gemeinden für diesen Meinungsbildungsprozess Zeit, dann entscheidet sich die Leitung für ein Modell. Ab dem 1. Januar 2020 greift die neue Stellenbemessung.
„Wir brauchen ein zukunftsfähiges Modell für die Gemeindearbeit“, warb Krüger für Verständnis. Denn das Grummeln war deutlich vernehmbar angesichts der Aussichten, dass die Finanzen über die Entwicklung der Gemeinde entscheiden, dass man in Zukunft mit Rendelern, Petterweilern und anderen „Ortsfremden“ in einem Boot sitzen soll und Sitzungen womöglich nicht mehr in der Nähe stattfinden.
„Für uns Ältere ist das schwer, wir wissen dann gar nicht mehr, an wen wir uns wenden sollen“, erklärte ein Gemeindemitglied. Doch es gab auch andere Stimmen: „Wir sind Karbener und müssen uns davon lösen, nur in Dorfstrukturen zu denken.“ Waltraut Fehse mahnte, die notwendigen Veränderungen nicht nur negativ zu sehen, sondern auch Chancen zu erkennen, Kräfte zu bündeln und gemeinsam Dinge ins Rollen zu bringen. „Das geistige Leben bleibt bei uns“, betonte sie. Wie die Bindung zur Kirche gestärkt werden könne, darüber müsse mehr diskutiert werden.
Einen transparenten Meinungsbildungsprozess versprach Kirchenvorstandsvorsitzender Volker Fuchs. Die letzte Entscheidung würden die Kirchenvorstände in einer Abstimmung treffen. Doch die Mehrheit der Gemeinde müsse dahinter stehen.
Gute Zusammenarbeit
Schon bislang gibt es eine gute und seit zwölf Jahren bestehende Zusammenarbeit der sechs evangelischen Gemeinden in Karben. Aus dieser heraus sollen jetzt vier Planungsgruppen gebildet werden, die sich mit den Themen Koordination und Leitung, Gottesdienst, Seelsorge und Organisation/Finanzen beschäftigen. Leitfrage dabei ist, was davon „vor Ort“ bleiben soll oder muss und was die Verantwortung einer Großgemeinde wäre.
Schon beschlossen ist im Evangelischen Dekanat ein neues Modell der Trägerschaft über die Kitas. Neun Wetterauer Gemeinden haben bereits dafür votiert. Ob die Gemeinde Groß-Karben die Trägerschaft an das Dekanat Wetterau übertragen wird, darüber entscheidet im April der Kirchenvorstand.
Die Vorteile überwiegen nach Ansicht von Pfarrer Krüger und Vorstandsvorsitzendem Volker Fuchs: Denn die ehrenamtlichen Mitglieder des Gemeindevorstands werden dadurch stark von Verwaltungsarbeit entlastet. Das Dekanat wird eine verwaltungstechnisch und pädagogisch erfahrene Geschäftsführung für den Fachbereich Kindertagesstätten bestellen. Für Eltern hätte das Modell den Vorteil, dass in Notfällen eine vorübergehende Personalunterstützung aus anderen Kitas möglich wäre. „Die Kita bleibt der Gemeinde zugeordnet. Sie ist ein Schatz der Gemeinde und wichtig als Lebens- und Lernort für alle Kinder“, erklärte Pfarrer Krüger.