Karben. Allenthalben gehen bei der Stadt Karben Beschwerden über zu schnelles Fahren ein. Da freuen sich die Verantwortlichen, dass sie sich das Radarfahrzeug nicht mehr mit Bad Vilbel teilen müssen und es jetzt alleine zur Verfügung haben. Doch hat das etwas gebracht?
Stadtpolizist Udo Kürten ist an diesem Morgen im Einsatz für die Verkehrssicherheit. Auf die Fahrbahn hat er lila Kreidestriche gezeichnet, im Hof der Rendeler Kita-Zweigstelle in der Klein-Karbener Straße hat er seinen grauen Bus geparkt und daneben eine große Kamera aufgestellt. Im Nachbarhof steht eine zweite Kamera. Und am Rande des Gehweges, unterhalb eines Fensters der Kita, hat er den Sensor postiert. Gerade rückt er die zweite Mülltonne zurecht, denn das auffällige Gerät, das die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos in beide Fahrtrichtungen misst, wird zwischen zwei Tonnen versteckt. Als das gesamte Equipment dort steht, wo es stehen soll, macht Kürten ein paar Fotos. »Damit dokumentiere ich die Versuchsanordnung, damit wir alles genau vor Gericht belegen können.«
Vor der Kita 24
Kilometer zu schnell
Dann kann es losgehen; die Anlage ist scharf gestellt. Kaum ist sie in Betrieb, wird auch schon das erste Mal das charakteristische Signal ausgelöst. Es ertönt ein Piepton, wenn jemand viel zu schnell vorbeifährt. Plötzlich zeigt der Bordcomputer 54 Kilometer pro Stunde an. 30 sind vor dem Kita-Gebäude allerdings nur erlaubt. Zwischen 7 und 14 Uhr gilt für alle Autofahrerinnen und Autofahrer: Fuß vom Gas, hier könnten Kinder laufen. »Vor den Kitas stehe ich öfters«, betont Kürten, seit vielen Jahren für die Radarkontrollen im Stadtgebiet zuständig. »Seit wir das Fahrzeug im alleinigen Besitz haben, kann man die Messzeiten viel flexibler gestalten.«
Alleiniger Besitz? Seit Oktober vergangenen Jahres ist der gemeinsame Ordnungsamtsbezirk Bad Vilbel/Karben nämlich Geschichte. Viele Jahre hat man wegen des hohen Anschaffungskosten für die komplizierte digitale Radartechnik zusammen mit der Nachbarstadt geblitzt. Da stand der VW-Bus mal in Bad Vilbel, mal in Karben. Aber immer mehr stellte sich offenbar heraus, dass man dadurch nicht flexibel genug reagieren kann. »In Bad Vilbel haben sich die Kollegen stur an die Dienstzeiten gehalten«, weiß Kürten. »Da waren abends gar keine Kontrollen mehr möglich, und auch früh morgens oder an den Wochenenden nicht.«
Kontrollen an
Unfallpunkten
Das hat in Karben wenig gefallen, zumal die Beschwerden über Raser permanent zugenommen hatten. »Und wir haben hier auch sehr unfallträchtige oder gefährliche Bereiche«, sagt der Stadtpolizist. Als Beispiele nennt er die Kreisstraße zwischen Groß-Karben und Heldenbergen in Höhe des Trimmpfades sowie die Einmündung der Landesstraße 3351 in die Landesstraße 3205 in Höhe Petterweil, wo es vor einigen Jahren einen tödlichen Unfall gegeben hatte.
Was Udo Kürten unter flexibler Radarmessung versteht, kann man anhand der Statistik erkennen. Häufig ist er morgens ab 7 Uhr einsatzbereit, aber häufig auch abends und an den Wochenenden. »Neulich habe ich mal um 5 Uhr morgens meinen Dienst aufgenommen«, berichtet er. Besonders häufig sei die Anlage vor Kitas und Schulen aufgebaut, aber auch dort, wo besonders hohe Überschreitungen auftreten. Nach den konkreten Orten muss man in der Statistik gar nicht lange suchen: In Höhe des Trimmpfades etwa gab es bei einer Messstelle rund zehn Prozent Überschreitungen, bei erlaubten 70 fuhr der Schnellste 114. In der Dieselstraße fuhr der Schnellste 62, obwohl vor der Kita nur 30 erlaubt sind.
Häufig wird auch auf der Landesstraße zwischen Groß-Karben und Burg-Gräfenrode geblitzt. Bei erlaubten 70 Kilometern pro Stunde fuhr der Schnellste hier 110. Ähnliche Werte gab es auf dieser unfallträchtigen Strecke auch bei anderen Messtagen. Udo Kürten würde angesichts dieser Daten gerne häufiger messen. Doch er muss bei der Stadtpolizei auch andere Aufgaben erfüllen. Personenkontrollen, Kontrollen der Anschnallpflicht, zudem Corona-Kontrollen und Kontrollbesuche in der Gastronomie gehören zu den Aufgaben.
Mehr Radarkontrollen, obwohl immer häufiger gefordert, kann Kürten nicht machen. Und er nennt als einen Grund dafür »die angespannte Personalsituation«. Übrigens: Am späten Vormittag hat er seine Gerätschaften wieder abbauen müssen. Wechsel an eine zweite Kontrollstelle? »Ausgeschlossen.« Von Holger Pegelow