Seit Sonntag ist Emmanuel Macron jüngster Präsident Frankreichs. Die Wahl des Nachfolgers von Hollande wurde auch von in Karben lebenden Franzosen mit großem Interesse verfolgt.
Karben. „Er wird breite Schultern brauchen“, sagt Muriel Menzel. Sie wohnt in Rendel, ist in Paris geboren und lebt seit 30 Jahren in Deutschland. Ihre Stimme habe sie im französischen Konsulat in Frankfurt abgegeben, erzählt sie. In Karben engagiert sie sich als Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Städtepartnerschaften, zudem ist sie als Vorstandsmitglied im TV Rendel aktiv.
Sie schätze Europa mit seiner einheitlichen Währung und den offenen Grenzen. Sie reise regelmäßig in ihr Geburtsland, „und ich kann mich noch erinnern, wie wir uns gefreut haben, als der Euro eingeführt wurde und das lästige Tauschen von Bargeld entfiel“, sagt Menzel und lacht.
Nicht raus aus Europa
Sie sei eine „überzeugte Europäerin“, sagt sie. Das Geschehen rund um die Präsidentschafts-Wahl in Frankreich hat Menzel aufmerksam verfolgt. „Bei mir läuft in der Küche immer französisches Radio.“ Dass Marine Le Pen, „Raus aus Europa“ proklamiert habe, habe die Kandidatin und Vorsitzende vom Front National Wählerstimmen gekostet, davon ist Menzel überzeugt. „Die Franzosen, die zu den Mitbegründern der europäischen Idee gehören, wollen nicht raus aus Europa“, sagt sie.
Andere Parolen Le Pens seien bei den Wählern indes gut angekommen. So sei Frankreich durch die Terroranschläge verunsichert. „Vor allem die Anschläge in Paris im November 2015, unter anderem im Konzertsaal Bataclan, war für uns Franzosen ein Schock“, so Menzel. Dabei sei den Menschen klar geworden, „dass es jeden von uns treffen kann“. Diese Unsicherheit habe dazu geführt, dass die Forderung Le Pens, alle kriminellen Ausländer sofort aus Frankreich abzuschieben, bei den Menschen auf Zustimmung gestoßen sei. Sie sei mit Frankreich nach wie vor eng verbunden, habe dort Familie und Freunde und fahre mit ihrer Familie regelmäßig in Urlaub dorthin, „in die Berge und ans Meer“.
Ein weiteres Problem seien die „Ghettos und Vororte, die Banlieues“, in denen oftmals sehr viele Familien mit nordafrikanischen Wurzeln lebten. „Wenn in der Schulklasse das eigene Kind das einzige mit heller Hautfarbe ist, dann führt das dazu, dass sich die Menschen im eigenen Land fremd fühlen“.
Anfällig für Parolen
Das habe eine Freundin so empfunden, die in einem Vorort gelebt habe und nun mit ihrer Familie weggezogen sei. So etwas mache die Menschen anfällig für Parolen von Le Pen. „Da haben die Politiker und Verantwortlichen in vergangenen Jahrzehnten große Schuld auf sich geladen“, so Menzel.
Die Rolle von Städtepartnerschaften findet Menzel gerade in Zeiten der Krise innerhalb Europas besonders wichtig. „Auf diese Weise haben die Bürger die Chance, zu erfahren, was hinter der Grenze zum Nachbarland passiert. Das Motto unseres Partnerschaftsvereins lautet: ,Fremde sind Freunde, die wir noch nicht kennen’“.
Am Himmelfahrtswochenende werden rund 40 Bürger aus der Partnerstadt Saint-Egrève in Karben erwartet, wo sie in Gastfamilien aufgenommen werden. Emmanuel Macron sei noch jung und habe eine große Aufgabe zu bewältigen. „Die Franzosen erwarten einiges von ihm, etwa die Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Er wird starke Frauen und Männer um sich versammeln müssen, um die Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Muriel Menzel.