Karben. „Als ich in den Flur kam, hörte ich ein Prasseln, als ob Hagel aufs Dach fällt.“ Das Prasseln, das Otto Kindl (58) in der Nacht in seinem Haus im Groß-Karbener Röderweg hörte, war aber kein Hagel, sondern ein Feuer im Dachstuhl. Der Brand zerstörte das Dach fast vollständig. Bilanz der Nacht: Feuer und Löschwasser hinterließen 200 000 Euro Sachschaden. Die drei Bewohner kamen ohne Blessuren heraus, aber ihr Haus ist unbewohnbar.
Am Tag danach steht Otto Kindl ganz benommen vor seinem Haus. Der Dachstuhl ist nur noch eine Ruine, bloß schwarz verkohlte Balken sind übrig. Selbst im ersten Stock sind die oberen Bereiche der Fenster verrußt. Ein Elektroteil im Solarium ist schuld, hätten die Ermittler der Kripo herausgefunden, erzählt er. Es habe zu schmoren angefangen, sei auf den Teppichboden gefallen. Der fing Feuer. Mit der Zeit entzündete sich das gesamte, holzgetäfelte Dachzimmer. „Da hatte ich so viel Arbeit reingesteckt“, seufzt Kindl.
Um kurz nach Mitternacht wurde Kindl aufmerksam. Als er nachschauen wollte, entdeckte er Rauch im Dachgeschoss. Auch Frau Inge (58) wurde wach, rief die Feuerwehr. Beide weckten Tochter Anja (36) im Erdgeschoss, Otto drehte noch den Gashahn zu. Alle drei zogen sich an und flohen mit den Katzen Süßi und Samsi auf die Straße. Dort kam ihnen schon der erste Nachbar entgegen.
Als die Feuerwehr kam, schlugen die Flammen aus dem Dachfenster. Mit 70 Leuten bekämpften fünf Karbener Wehren den Brand, berichtet Feuerwehrchef Thomas Bier. Zur Karbener Drehleiter orderte er noch die aus Bad Vilbel dazu, um das Feuer aus zwei Richtungen zu bekämpfen. Nach einer halben Stunde war es gelöscht, bis 4.30 Uhr dauerten die Nachlöscharbeiten. Ein Feuerwehrmann (28) verletzte sich im Einsatz leicht, knickte im Brandschutt mit dem Fuß um.
Auf der Straße kümmerten sich Nachbarn und zwei Notfallseelsorger um die drei Brandopfer. Eine Nachbarin bot ihnen spontan Betten für die Nacht an. Danach wird die Familie erstmal bei Verwandten in der Nachbarschaft wohnen. Von der großen Hilfsbereitschaft ist Otto Kindl ganz gerührt: „So viele haben sich angeboten, uns zu helfen.“ Dachdecker dichteten bereits das Dach ab, damit nicht noch mehr Wasser ins Gebäude dringt. Denn das Löschwasser hat bereits alles durchtränkt. „Bis in den Keller runter“, sagt Otto Kindl. „Das ist eine große Sauerei.“ Anfang der Woche soll dann das große Aufräumen beginnen. Immerhin: Die Familie geht davon aus, dass die Versicherungen für den Schaden aufkommen.
Das Feuer in Groß-Karben wird allerdings Auswirkungen nach Kloppenheim haben: Denn im Dachgeschoss lagerte Inge Kindl unter anderem die Finanzunterlagen des Gesangvereins Sängerlust 1911. Dort ist sie Kassiererin. Viele wichtige Dateien waren auf dem Computer gespeichert, der neben dem Solarium stand und ebenfalls in Flammen aufging.
Wenn er ans Aufräumen denkt, bekommt Otto Kindl tiefe Sorgenfalten. „Ich weiß gar nicht, wo man da anfangen soll.“ Erinnert er sich allerdings an die Schrecken der Brandnacht zurück, werden die Sorgen klein. (den)