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Ex-Brücke zertrümmert

Da hat der Bagger reichlich zu knabbern: Unmengen von Stahl zieht er aus dem alten Brückenungetüm in der Dortelweiler Straße in Klein-Karben. Die Brücke führte schon seit Jahrzehnten über keinen Fluss mehr. Nun war sie nicht mehr standsicher. Fotos: den
Da hat der Bagger reichlich zu knabbern: Unmengen von Stahl zieht er aus dem alten Brückenungetüm in der Dortelweiler Straße in Klein-Karben. Die Brücke führte schon seit Jahrzehnten über keinen Fluss mehr. Nun war sie nicht mehr standsicher. Fotos: den

Ein Überbleibsel früherer Tage ist Geschichte: In Klein-Karben wurde die vormalige Nidda-Brücke abgerissen. Unmengen von Armierungsstahl zerrten die Bagger im Beton zu Tage.

Das war einmal: So sah es vor dem Abriss der Ex-Brücke aus.
Das war einmal: So sah es vor dem Abriss der Ex-Brücke aus.

Karben. Es gibt wenige Stellen, an denen sich das Ortsbild Klein-Karbens derart verändert hat. 50, 60 Jahre ist es her, da spazierten die Menschen in der Dortelweiler Straße über eine Brücke über die Nidda, zur einen Seite blickten sie zur Mühle, jenseits des Flusses lockte der Festplatz Hissigwald. Die Mühle ist längst Geschichte, ebenso seit den 1960er-Jahren der Fluss: nach Westen in „die Notbach“ verlegt, den seelenlosen Kanal der Nidda-Begradigung. Am Hissigwald wird schon lange nicht mehr gefeiert.

Als weiteres Überbleibsel der alten Zeit verschwindet nun die Brücke. Mit lautem Kreischen und Knacken fressen sich die Greifarme der Bagger wie übergroße eiserne Zähne durch den Beton des Bauwerks, der Brücke ohne Fluss. „Ende dieser Woche soll die Brücke abgerissen sein“, erklärt Karbens Stadtsprecher Ekkehart Böing.

Abgerissen wird nicht einfach so: Seit Jahren diskutierten die Politiker im Ortsbeirat darüber. Besonders SPD-Urgestein Rainer Züsch hat nichts unversucht gelassen, damit die Brücke erhalten bleiben kann. Mit den Fachwerkhäusern, dem Peter-Geibel-Brunnen, der Treppe und der Kirche bildet sie schließlich ein Ensemble. „Fürs Ortsbild ist die alte Brücke weiter wichtig“, findet Züsch.

Auch wenn der Ortsbeirat mehrfach nachhakte: Es fand sich kein Gutachter, der der weiteren Nutzung des Bauwerks seinen Segen gab. „Keiner wollte die Verantwortung dafür übernehmen“, erinnert Ekkehart Böing. Untersuchungen ergaben schwere Schäden an dem Betonbau.

Was Rainer Züsch vor allem störte: Eine Sanierung der Brücke sollte in etwa so viel kosten wie ihr Abriss und der Neubau einer Straße an dieser Stelle. Also spart die Stadt gar nichts. Zu kurz gedacht, entgegnete die Regierung von Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Denn eine Straße habe in den nächsten Jahrzehnten kaum Unterhaltungskosten – im Gegensatz zu einer sanierten Brücke.

So hat sich am Ende auch der Ortsbeirat zu einem Ja zum Abbruch des historischen Bauwerks durchgerungen. Zuvor hatte er dem bisherigen Chef des städtischen Fachdienstes Bauen, Wolfgang Stolper, abgerungen, dass die Straße eine Hommage an die alte Brücke wird: Sie entsteht auf 102 Metern Länge auf einem Damm, erhält auf der Südseite ein Geländer und Pflaster auf der Fahrbahn.

Ansonsten aber bleibt die Fahrbahn mit 4,50 Meter Breite recht eng. So sollen Raser ausgebremst bleiben. Die Breite aber reicht nun, damit sich Auto und Fahrrad sicher begegnen können.

Für Fußgänger wird es mit einem zwei Meter breiten Gehweg deutlich angenehmer. Sie kommen – ebenso wie Radfahrer – auch um die aktuelle Baustelle herum. „Dafür wurde der Weg am Spielplatz entlang extra aufgeschüttet“, erklärt Stadtsprecher Böing. Autos und Laster müssen die Sportplätze des KSV Klein-Karben allerdings vom Industriegebiet her anfahren.

Viel Metall verbaut

Die Arbeiten des Neubaus fallen umfangreicher aus als anfänglich vermutet: „Der Boden unter der Brücke ist nicht geeignet, um die Fahrbahn zu tragen“, sagt Ekkehart Böing. Kein Wunder, war das alte Nidda-Flussbett in den 1960er-Jahren doch einfach nur zugeschüttet worden. Dies und die hübsche Gestaltung kosten extra: 165 000 Euro lässt sich die Stadt Brückenabriss und Straßenbau kosten.

Wer die Baustelle betrachtet, dem fallen enorme Mengen Stahlstränge auf, die die Bagger aus dem Beton reißen. Es drängt sich die Frage auf: Hätte ein derart massives Bauwerk nicht noch ewig stehen können? „So viele Stahlstränge zu verbauen war Stand der Technik, als die Brücke Anfang des vorigen Jahrhunderts errichtet wurde“, erläutert der Stadtsprecher

Erst später seien die Spannungsträger erfunden worden, wodurch Bauwerke heute mit viel weniger Stahl im Beton auskämen. Die große Stahlmenge sei also kein Zeichen für Haltbarkeit, so Ekkehart Böing. „Die Bewährung war verrostet und brüchig.“ (den)