Um pauschal zehn Prozent sollen die Bad Vilbeler Friedhofsgebühren ab Januar 2012 steigen. Weil Erdgräber immer früher zurückgegeben werden, argumentiert die Stadt. Es gebe kein Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem, entgegnet ein Bestatter.
Bad Vilbel. So ruhig, wie sich der städtische Friedhof in der Lohstraße präsentiert, wurde nun auch über die ab Januar geltende neue Friedhofssatzung befunden. Zuletzt waren die Gebühren zum Januar 2007 um 25 Prozent erhöht worden. Nun sollen sie ab Januar 2012 und dann erneut im Januar 2014 um jeweils zehn Prozent pauschal steigen. Sowohl im Haupt- und Finanzausschuss als auch im Parlament wurde darüber nicht debattiert.
Die vorangegangene Erhöhung habe nur einen Teil der erwarteten Einnahmen erbracht, hieß es in der Beschlussvorlage, weil „viele Angehörige eher auf die preislich günstigere Möglichkeit der Urnenbeisetzung zurückgegriffen haben“. Seit einigen Jahren zeichne sich bei den jährlich 250 bis 300 Bestattungen ein Zweidrittel-Anteil für Urnen ab, sagt Erster Stadtrat Jörg Frank (CDU).
Es werden, so Frank, viele Erdgräber vorzeitig zurückgegeben: So seien von Oktober 2010 bis April 2011 insgesamt 48 Gräber zurückgegeben worden – nur bei 18 sei die Ruhefrist abgelaufen gewesen. Es gebe einen Trend zur Urnenwand, so Frank. Oft zögen Angehörige weg, könnten oder wollten die Grabpflege nicht mehr übernehmen.
Weil jedoch die Erdgrabflächen aus wasserrechtlichen Gründen erst nach 25 Jahren neu genutzt werden dürfen, hat die Stadt bis dahin die Grünpflegekosten zu tragen. Deshalb soll es künftig bei vorzeitiger Rückgabe eine Abräumgebühr für die Grabstellenpflege geben. Die beträgt 60 Euro pro Jahr Restlaufzeit der Ruhefrist. Davon, so Frank, solle das Abräumen, Säen und Mähen der Grünfläche finanziert werden. Bei den Urnengräbern wurde die Ruhefrist von 25 auf das Minimum von 15 Jahren reduziert.
Dass diese Maßnahmen ausreichen, bezweifelt der Dortelweiler Bestatter Rudolf Jeckel. „Vilbels Friedhöfe haben kein Einnahme-, sondern ein Ausgabenproblem“, kritisiert er. Die in der Beschlussvorlage genannte Gebührendeckung von 46 Prozent vergleicht er mit jener in der Nachbarstadt Karben, die bei 80 Prozent liege. Dort pflegten vier Mitarbeiter sieben Friedhöfe, in Bad Vilbel seien es neun Mitarbeiter. Da müsse mehr privatisiert werden, findet er.
Zahlreiche Entwicklungen führten zu Einnahmeverlusten. So werde kein Heilsberger mehr in Bad Vilbel, sondern auf dem angrenzenden Frankfurter Friedhof Heiligenstock bestattet. Der Trend gehe zu Ruheforsten, Friedwäldern und Seebestattungen. „Da verdient die Stadt keinen Cent an der Urne.“ Eine Gronauer Familie habe er ein Begräbnis vor Ort angeboten, doch die Gronauer hätten sich, so Jeckel, für den Friedwald in der Hintertaunusgemeinde Weilrod entschieden.
In Bad Vilbel habe man spät auf das Thema Urnenwand reagiert, so Jeckel. Noch immer stehe eine teure Fehlinvestition auf dem Friedhof, eine unansehnliche dunkelgraue Beton-Grabwand, die zunächst wegen Setzungsschäden unbenutzbar war und auch später nicht nachgefragt wurde.
Erst spät habe man auf dem Friedhof Lohstraße und auf Druck des Ortsbeirats in Massenheim gärtnerisch gepflegte Urnenfelder im Angebot, die eine Pflege durch Angehörige überflüssig machen.
„Mittlerweile ist eine anonyme Bestattung in Bad Vilbel teurer als eine Seebestattung“, klagt Jeckel. Er bezweifelt, dass die pauschale Gebührenerhöhung der richtige Weg sei und verweist auf Erfahrungen in Köln, Düsseldorf und Hamburg-Ohlsdorf, dem größten Parkfriedhof der Welt.
Auch dort habe man das Problem vorzeitig verwaister Erdgräber gehabt – aber die Gebühren gesenkt, um die Erdgräber besser verkaufen zu können. Dass diese Diskussionen nicht im Parlament geführt worden sind, bedauert der Fachmann: „Wir Bestatter werden nicht gehört“. Die Kirchen hielten sich bei dem Thema zurück und die Freizeitpolitiker seien von der Materie wohl überfordert, meint er.
Aber auch, dass die Friedhofssatzung jüngst im Haupt- und Finanzausschuss erst um 0.20 Uhr aufgerufen und dann diskussionslos durchgewunken wurde, trage nicht zur Entscheidungsfindung bei. Jeckel findet problematisch, dass die Gebühren nicht aufwandspezifisch, sondern pauschal erhöht wurden. Die Stadt Frankfurt habe sich mit diesem Vorgehen Probleme eingehandelt. Ein Hinterbliebener hatte gegen die Satzung geklagt. Die sei gekippt worden und nun viel transparenter.
Jeckel hätte es übrigens weitaus überzeugender gefunden, wäre mit der zehnprozentigen Erhöhung zugleich eine zehnprozentige Ausgabenkürzung beschlossen worden. Doch immerhin ein Aspekt sei positiv: „Der Friedhof ist sehr gepflegt, besser als die Grünflächen in der Stadt.“