Soll Bad Vilbel 2015 Hessentagstadt werden? Trotz vieler Bedenken sehen Geschäftsleute und Anwohner in der Frankfurter Straße, der potenziellen „Hessentagsmeile“, auch Chancen. Pluspunkte seien das Wir-Gefühl, ein Miteinander der Politik, die Verschönerung der Stadt, die überregionale Aufmerksamkeit für eine sich neu gestaltende Stadt. Auch die Stadtkapelle sagt Ja zum Hessentag.
Bad Vilbel. Wenn Karin Reuß aus ihrer Hofeinfahrt auf die Frankfurter Straße geht, ist da nicht immer viel los – obwohl sie direkt neben dem Eiscafé Venezia wohnt. Doch das könnte sich in zwei Jahren abrupt ändern, wenn dort die „Hessentagsmeile“ aufgebaut würde. In der Projektwerkstatt zur Hessentagsbewerbung hat sie erfahren, was das bedeuten würde: Zwei Wochen lang auf einem Parkplatz außerhalb der Innenstadt zu parken, ein lautstarkes Laufpublikum, Müll. „Nichtsdestotrotz würde es Bad Vilbel gut tun“, findet sie. Denn der Hessentag sei mehr, sagt sie, „nicht nur zehn Tage Party“. Er könne für Bad Vilbel „nachhaltig viel bringen“.
Positiv beeindruckt habe sie und ihren Lebensgefährten, wie die Stadt bei der Projektwerkstatt „ihre Hausaufgaben gemacht“ und die Fragen der Besucher konkret beantwortet habe. „Wir finden, dass das der richtige Weg ist, von Anfang an den Bürger mit einzubinden. Weiter so!“, sagt sie.
Obwohl sie sehr gerne in der Frankfurter Straße wohne, findet die Anwohnerin: „Es muss was passieren in der Kernstadt, die Renovierung der Gehwege ist zwingend notwendig.“ Auch am Süd- und Nordbahnhof und am Kurhaus müsse etwas getan werden. Das, so ist sie sicher, „wird zum Hessentag alles renoviert“.
Aber Reuß geht es nicht nur um die Investitionen. Auch in Oberursel und Stadtallendorf hätten die Skeptiker überwogen, doch dann sei ein Wir-Gefühl entstanden. Und es wäre ein Image-Gewinn für die Stadt, betont sie. Doch Reuß will nicht nur über den Hessentag reden, sondern würde auch mitmachen: „Das ist doch besser, als zu Hause rumzusitzen und sich nur über Lärm und Dreck zu ärgern“, findet sie.
Den Hessentag kennt Friseurmeister Thomas Horinek aus der Perspektive der Zugwagen, mit denen er für die Quellenstadt warb. Dass die Feier in seine Heimatstadt kommen könnte, sei gut: „Bad Vilbel erfindet sich gerade neu“, die Neue Mitte, Mediathek, Nidda-Renaturierung am Kurpark. Da sei der Hessentag die ideale Plattform, um Tourismus und Kultur nach vorne zu bringen. Zudem sei die Vorbereitung darauf auch eine Chance für die Lokalpolitik, Einigkeit zu zeigen, findet Horinek. Statt Parteienstreit müsse es darum gehen, „gemeinsam etwas für Bad Vilbel zu leisten“.
Die Kosten sieht er nicht als Hindernis. Es sei wie bei einem Unternehmen, „da muss man auch mal ziemlich investieren, um was zu erreichen“. Dies erwartet er auch vom „positiven Bürgertum“ der Stadt, „einfach mal gemeinsam etwas für Bad Vilbel tun“.
Schon seit 19 Jahren ist Rosa Mannino mit ihrem Modegeschäft in der Frankfurter Straße. „Ich bin stolz auf die Modernisierung der Stadt“, sagt sie. Hessentag, das sei nicht nur zehn Tage Party, „sondern auch, dass wir zehn Tage überregional wahrgenommen werden.“ Auch viele junge Leute kämen in die Stadt. Die Defizit-Frage werde falsch gestellt, findet Mannino. Das Land zahle für eine Hessentagstadt in jedem Falle, das Geld sollten wir uns nicht entgehen lassen – als Grundsanierung für unsere schöne Stadt. Wer die Stadtkasse schonen möchte bei den ohnehin anstehenden Vorhaben, „der sollte für den Hessentag sein“, appelliert Mannino. Und dabei hofft sie, dass auch in der Innenstadt, etwa bei den Gehwegen der Frankfurter, investiert werde. „Ich bin sehr unschlüssig, sage aber im Zweifelsfall ja“, erklärt Notar Jürgen Wiegand. Die Stadt sei als Austragungsort gut geeignet, auch seien große Zuschüsse zu erwarten. Wiegand ist auch Vorsitzender der Nachbarschaftshilfe, einem der größten Vereine der Stadt. Der Vorstand sei trotz mancher Bedenken „sehr positiv eingestellt“ zum Hessentag.