Karben. Ein weiteres Jahr werden die Rendeler mit ihrer ungeliebten Riesen-Esche im Gronauer Weg leben müssen. Denn Stadtrat und Umweltdezernent Gerd Rippen (Grüne) bleibt dabei: Der rund 60 Jahre alte Baum wird fürs Erste nicht gefällt. Damit stellt er sich den Wünschen der Anwohner und dem einstimmigen Votum des Rendeler Ortsbeirates entgegen.
Das alleine würde ja schon genügen, um Dieter Eitel auf die Palme zu bringen. Noch mehr ärgert er sich darüber, dass es fast vier Monate dauerte, bis er auf seinen Antrag auf Fällen des Baumes eine Antwort aus dem Rathaus bekam. Lapidar bekommt Eitel nun zu lesen: „Die Entscheidungsfindung wird sich möglicherweise noch etwas hinziehen.“ Außerdem werde eine „vom Ortsbeirat gewünschte Fällung sowieso nicht vor September (nach der Brutzeit) in Frage kommen“, erinnert Stadtrat Rippen – und das in einem Schreiben, das genau zwei Tage nach dem Beginn des Verbotszeitraums fürs Baumfällen aufgesetzt wurde. „Man wird behandelt wie Luft“, seufzt Dieter Eitel, weil der Stadtrat in keinem Wort auf die Sorgen der Anwohner eingeht. „Es ärgert mich, dass nicht einmal mit mir gesprochen wurde.“
Die um die Esche herum lebenden Anwohner stören sich nicht nur am vielen Laub und den Ästen, die sie das ganze Jahr über wegräumen müssen. Bemooste Dächer, verstopfte Dachkennel, der angehobene Gehweg und die verschobenen Hofpflaster, schiefe Tore, der blockierte Gehweg – seit 1999 beschwert sich zum Beispiel Dieter Eitel immer wieder über die Zustände und fordert das Fällen der Esche. Seine Nachbarn sind längst mit von der Partie: „Ich bin persönlich ein Freund von Bäumen“, sagt Jonas Lazar über die Esche. „Der Baum ist schön, aber einfach zu groß.“
Noch viel schwerer wiegen die Sorgen über ernsthafte Schäden: Dass zum Beispiel die Wurzeln das Mauerwerk von Eitels um 1930 – vor der Baumpflanzung – gebauten Hauses zerstören könnten oder gar die Gasleitung unter der Straße. Oder dass der mächtige Baum von einem Orkan umgestoßen wird – wie zuletzt Anfang März ganz in der Nähe auf dem Friedhof Gronau, wo eine Esche auf Gräber stürzte. „Und die Stürme werden ja immer heftiger“, fürchtet sich Inge Eitel.
Nicht zuletzt deshalb hatte auch Rendels Ortsbeirat Ende Januar ein klares Votum fürs Fällen der Esche gegeben. „Das bedeutet für mich noch lange nicht, dass ich diesem Ansinnen nachgeben werde“, sagt Rippen nun in einer Stellungnahme gegenüber Ortsvorsteher Erhard Menzel (CDU). Der Ortsbeirat arbeite ja auch nur als „Hilfsorgan“ und habe „nur Anhörungs- und Vorschlagsrecht“. Mehrfach hatte Rippen darauf hingewiesen, dass er die Baumfällung ablehnt, weil die Esche vollkommen gesund sei, sie das Ortsbild präge und von ihr keine Gefahr ausgehe. Weil außerdem der von Anwohner Eitel gemeldete Kanalschaden behoben worden sei, „gibt es aus meiner Sicht überhaupt keinen Grund zur Hektik“, schreibt Gerd Rippen.
Der Ortsvorsteher ist angesichts dieser Worte konsterniert. „Das ist das beste Beispiel für die Blockadepolitik im Rathaus.“ Das „ideologisch verbohrte“ Vorgehen koste den Steuerzahler noch viel Geld: Allein die jüngsten Kanalarbeiten schlugen mit knapp 6500 Euro zu buche, berichtet Menzel. Das Säubern der Dachrinnen koste jedes Jahr um die 450 Euro. Ein Baumgutachten aus dem Frühjahr 2004 sei im Rathaus nicht auffindbar. Ebenso wenig sei bisher klar, wie viele Kosten der Baum binnen der vergangenen fünf Jahre bereits verursacht habe. „Im Rathaus wird immer nur mit dem Notnagel etwas gestopft“, sagt Menzel.
Darüber schüttelt Dieter Eitel den Kopf. Sollte der Baum bleiben, fordert er eine Freistellungserklärung von der Stadt – also dass diese für sämtliche von der Esche verursachten Schäden aufkommt. „Hauptsache, ich habe den ganzen Ärger nicht mehr.“ (den)