Viel Mühe benötigt Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann nicht, um die von ihm am montäglichen Ruhetag eingeladenen SPD-Kommunalpolitiker vom Angebot der seit acht Monaten eröffneten Bibliothek zu überzeugen. Die meisten sind eifrige Nutzer, andere fast allmorgendlich im Lesebereich zu finden, um die druckfrischen Presseerzeugnisse zu lesen, berichtet Jochen Brings.
Bad Vilbel. Angebot und Qualität sind überzeugend und vielfältig, loben die Parlamentarier denn auch während des Rundgangs mit Kunzmann und seiner Mitarbeiterin Nina Schorde, eine von drei Ganztagskräften, die sich mit fünf Halbtagsangestellten, einer Auszubildenden und acht Aushilfen um die 1500 Quadratmeter große Bibliotheksfläche mit derzeit 36000 bis 37000 Medien, die Leseecken sowie zahlreiche Führungen für Schulklassen kümmern.
Jährlich zehn Prozent der Medien auszutauschen ist das Ziel von Kunzmann, der gleichzeitig das Angebot stetig auf 50000 Medien erweitern will: „Man muss aktuell sein, sonst hat man das Haus voller Ladenhüter. Nach sieben bis zehn Jahren muss das gesamte Angebot erneuert sein“. Derzeit steht hierfür ein jährlicher Medienetat von 125000 Euro zur Verfügung. Würde er seine Wunschzahl erreichen, müsste hier noch nachgelegt werden. Da würden dann die Parlamentarier um Zustimmung gefragt, lächelt Kunzmann mit verschmitztem Blick auf die Gäste.
Die Neuanschaffungen sind allerdings nur ein Posten: Im Haushalt stehen derzeit 650000 Euro Zuschussbedarf für die Bibliothek. Wie viel die Mediathek letztendlich am Ende des Jahres die Stadt kosten wird, steht noch nicht fest.
Die breite Palette des bereitgehaltenen Angebots erfreut den Kulturamtsleiter einerseits, bereitet ihm aber auch Kopfzerbrechen. Man müsse über das reichhaltige Bücherangebot mit den vielen nachgefragten Bestsellern hinaus auch die neuen Medien, CDs, Filme und nicht zuletzt die von Kindern und Jugendlichen immens nachgefragten Spielkonsolen bereithalten. Ist man in diesem Bereich nicht auf dem neuesten Stand, gelte das Angebot bei dieser Klientel „gleich als antiquiert“. Hier die Balance zu halten und mit dem Bildungsauftrag in Einklang zu bringen, falle manchmal schwer, so Kunzmann, man wolle „ja auch keinesfalls zu einer Videothek werden“. SPD-Fraktionschef Walter Lochmann schlägt vor, nach der Sommerpause die sogenannte Mediathekskommission einzuberufen, um die Angebote für Kinder und den Umfang der Ausstattung mit Medien konstruktiv zu beraten. Nach Ansicht der SPD ist diese ja nie aufgelöst worden.
6500 Ausweise
Die von Kunzmann vorgetragenen Zahlen sprechen bislang für den Erfolg des Konzepts: Gab es in der alten Bibliothek bei rund 3000 regelmäßigen Nutzern 180000 Entleihungen pro Jahr, wurden bislang insgesamt 6500 Bibliotheksausweise ausgestellt und von Januar bis Mitte Juni 150000 Entleihungen gezählt, die sich nach Schätzungen Kunzmanns bis Jahresende auf rund 300000 steigern lassen.
Stolz ist Kunzmann auf die technisch anspruchsvolle Ausstattung der Bibliothek, die, ebenso wie die medialen Neuanschaffungen, von der Einkaufszentrale der Öffentlichen Bibliotheken (EKZ) bezogen wurde. Besonderes Augenmerk habe man dabei auf den individuellen Eingangsbereich und eine weitgehende Automatisierung bei Ausleihe und Rückgabe gelegt.
Ein Highlight, auf den ersten Blick kaum erkennbar, ist der Versammlungsraum, der durch Zusammenschieben der auf Schienen geführten Bücherregale im Obergeschoss entsteht und mit bis zu 200 Sitzgelegenheiten bestuhlt werden kann. Hier seien die Überlegungen noch nicht abgeschlossen inwieweit man diesen attraktiven Ort für Eigenveranstaltungen oder Vermietung an Dritte künftig nutzen werde, erläutert Kunzmann
Dass die Bad Vilbeler Stadtbibliothek mit 11,2 Millionen Euro Baukosten als die teuerste Hessens gilt, so die Aussage des CDU-Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden des hessischen Bibliotheksverbandes, Aloys Lenz, sieht Kunzmann nicht als Bürde: „Ich trage die Bürde mit Würde“. Wichtig sei, dass die Bibliothek und deren Angebot von der Bevölkerung positiv angenommen würden und „der bei Planung und Konzeption durch Vilbel führende Graben inzwischen zugeschüttet ist“.
Das will SPD-Vorsitzender Udo Landgrebe, der sich für die interessante Führung bedankte, in Gänze so nicht stehen lassen: „Mit dem Inhalt sind wir sehr einverstanden und es freut uns, dass die Bürgerinnen und Bürger die neue Bibliothek so gut angenommen haben. Nur mit der Hülle, dem Bau über der Nidda, haben wir uns noch nicht so richtig arrangieren können. Aber natürlich werden wir die Bibliothek bewerben und entsprechend unterstützen, damit der bisherige Erfolg auch langfristig stabil bleibt. Wir wünschen den MitarbeiterInnen dabei immer ein glückliches Händchen“. (zlp/sam)