Bad Vilbel. »Gesundheit sonst nix«, sagt Friedel Lutz und lacht, wenn man ihn fragt, was er sich zu seinem 80. Geburtstag wünscht. Der schnelle Abwehrspieler von früher feierte vorige Woche seinen 80. Geburtstag. Der gebürtige Vilbeler, der schon seit über 50 Jahren in Dortelweil wohnt, hat in seiner Laufbahn weit über 300 Spiele für Eintracht Frankfurt absolviert, war Teil der Meistermannschaft von 1959, die damals im Finale von Berlin den Lokalrivalen Kickers Offenbach mit 5:3 nach Verlängerung schlug. Zudem stand er im Europapokalfinale von 1960 der schon damals legendären Mannschaft von Real Madrid gegenüber – und verlor 3:7.
Schließlich wurde Friedel Lutz Nationalspieler, half unter anderem im Halbfinale der Weltmeisterschaft 1966 mit, das deutsche Team beim 2:1 gegen die Sowjetunion ins Finale zu bringen, auch wenn dort der angeschlagene Horst-Dieter Höttges wieder auf seiner Position ran durfte – und die Partie gegen Gastgeber England nach dem legendären »Wembley-Tor« mit 2:4 verloren ging.
Heute sagt Lutz: »Der Fußball hat uns sehr viel gebracht, auch wenn er hier und da auch einiges genommen hat.« So war es dem gelernten Bauschlosser, der im Alter von 18 Jahren vom FV Bad Vilbel zur Eintracht ging, durch den Zusatzverdienst durch den Sport möglich, bereits in jungen Jahren seiner Familie ein Haus zu bauen, in dem seine Frau Helga und er noch heute wohnen.
Direkt im Garten hat inzwischen Sohn Peter gebaut, lebt dort mit seiner Frau und zog seine beiden Töchter groß, die »mein Ein und Alles sind«, wie »Opa Friedel« erzählt.
Von 1957 bis 1973 spielte Lutz bei der Eintracht, nur ein Jahr zwischendurch war er beim TSV 1860 München, doch er vertrug den Föhn in Bayern einfach nicht.
ZURÜCK ZUR EINTRACHT
Nach seiner Karriere tat Lutz das, was er auch währenddessen immer getan hatte: arbeiten. Bei der Firma Röder und Söhne in Bergen-Enkheim war er 37 Jahre lang beschäftigt. Dann zog die Firma nach Berlin, doch Lutz blieb – und bekam schon kurze Zeit später eine neue Aufgabe: Unter dem damaligen Vizepräsidenten Bernd Hölzenbein trat er die Nachfolge von Anton Hübler als Zeugwart bei der Eintracht an. Erst 2003 kam das Ende, als der damalige Eintracht-Boss Heribert Bruchhagen das Arbeitsverhältnis beendete. »Das hat mir sehr weh getan«, sagt Lutz, »aber das Leben muss ja weitergehen.«
Und seine Liebe zur Eintracht hat er deshalb auch nicht verloren. Genau wie die anderen Mitglieder der Meistermannschaft von 1959 haben er und seine Frau bis zu ihrem Lebensende Eintrittskarten, sodass das Ehepaar, das schon 58 Jahre miteinander verheiratet ist, alle 14 Tage in der Commerzbank-Arena Platz nimmt und die Mannschaft anfeuert. »Wir sind und bleiben eingefleischte Eintracht-Anhänger«, sagt Lutz, der vom bisherigen Saisonverlauf positiv überrascht ist: »Das hätte denen vor der Saison doch keiner zugetraut.« Und auch sonst hält die Eintracht-Familie zusammen, nicht zuletzt sind Lutz’ Autogrammkarten noch heute bei älteren Fans heiß begehrt.
Auch sonst ist der Terminkalender des Jubilars prall gefüllt: Er ist zweiter Vorsitzender eines Dortelweiler Obst- und Gartenbauvereins, arbeitet in der Firma seines Sohnes als Kurierfahrer und pflegt alte Bekanntschaften zu Weggefährten. »Seit unsere Mannschaft von damals vom Verein verabschiedet worden ist, haben wir jedes Jahr eine Weihnachtsfeier gemacht. Das hat es bei den nachfolgenden Generationen nicht gegeben«, sagt Lutz. »Wir blicken dann immer gerne auf unsere Zeiten zurück oder stellen Vergleiche zu heute an, auch wenn der Unterschied im Fußball zwischen damals und heute natürlich riesengroß ist.« Übrigens: Friedel Lutz’ größter Moment in seiner langen Karriere war weder die Meisterschaft noch das Europapokalfinale. »Mein erstes Länderspiel war für mich das Nonplusultra«, erzählt er. Im August 1960 debütierte er gegen Island für das DFB-Team, elf weitere Spiele sollten folgen. Und das, obwohl er damals jeden Tag von 7 Uhr bis 15.30 Uhr an der Arbeit war, ehe es auf den Trainingsplatz ging. »Damals hat bis auf die Ausländer niemand vom Fußball leben können. Wir haben uns eben so durchgewurschtelt«, sagt Lutz.
»Wir waren und sind eben eine Fußballerfamilie«, fügt Frau Helga hinzu, die ihren Mann damals wie heute unterstützt – denn auf die Familie komme es an – egal ob daheim oder bei Eintracht Frankfurt.
Von Philipp Keßler