Klare Stimmung gegen die „betonorientierten Konzepte“: So, wie sich viele Architekten die künftigen „Erlebnispunkte“ an der Nidda vorstellen, sollen sie nicht Wirklichkeit werden. Das ist das Credo der Diskussion von Politikern und Bürgern im Ortsbeirat Klein-Karben.
Karben. Die Richtung scheint klar: Vor allem natürlich soll die Nidda werden, wenn sie renaturiert wird. Daran sollen sich auch die „Erlebnispunkte“ orientieren, die die Stadt ergänzen will, um den Fluss für Menschen erlebbar zu machen.
Darüber sind sich Bürger und Politiker an diesem Abend in der Sitzung des Ortsbeirats Klein-Karben völlig einig. Für die Ergebnisse aus dem Architektenwettbewerb für die „Erlebnispunkte“ ist es praktisch die Feuertaufe in der breiten Öffentlichkeit.
In den Ideen sei „einiges unstimmig“, findet Ulrike Loos. Die Vorsitzende des Karbener Umweltverbandes BUND ist an diesem Abend als Bürgerin in die Sitzung gekommen. „Es ist nicht auf die Nidda übertragbar, was an einem künstlichen Gewässer sinnvoll wäre, um die Bevölkerung zu bespaßen.“
Unter anderem massive Nidda-Terrassen hinter dem Rathaus sehen die Architekten-Entwürfe vor, die Anfang des Monats vorgestellt worden waren. Ein anderer Fachmann schlägt einen großen Bootsanleger in Höhe des KSV-Geländes in Klein-Karben vor und eine riesige Biergarten-Terrasse. Allerdings: Viel Lob erhielt der drittplatzierte Vorschlag, der beispielsweise einen Wasserspielplatz und eine Beobachtungsstation neben dem Fluss vorsieht.
Überdimensioniert
Dass die zunächst kalkulierten Kosten von 350000 Euro wohl nicht ausreichten, das hätten die Entwürfe gezeigt, räumt Erster Stadtrat Otmar Stein ein. Und es seien auch einige „wirklich gute Vorschläge dabei“, erinnert Ortsvorsteher Reinhard Wortmann (beide CDU) – und meint damit besonders die „Erlebnispunkte“, die mit wenig Aufwand auskommen.
„Wir wollen das naturnah, erlebnisreich und bezahlbar“, sagt Wortmann. Dafür erhält er Zustimmung aus der gesamten, großen Runde. „Erlebnis ist wichtig“, sagt Ulrike Loos. Etwa mit einem Wasserspielplatz im Fluss, „wo die Kinder ’mal richtig matschen und die Erwachsenen mit den Füßen im Wasser planschen können.“
Dafür brauche es eben keinen großen Aufwand, wie ihn diverse Entwürfe vorsähen. „So etwas gehört da hin, und kein Beton.“
Das sieht Jürgen Becker, Vorsitzender des Naturschutzbundes Karben, ganz genau so. Selbst die Siegerentwürfe sieht er sehr kritisch: Besonders „die Beobachtungsbude“ und der Holzturm seien „völlig überdimensioniert“: „Für die Beobachtung der fünf bis sechs Enten dort braucht man nicht so viel Aufwand“, findet Becker. Zumal warnt er: Der Pflegeaufwand für derartige Bauten sei enorm hoch, und sie seien stark anfällig für Vandalismus – was die Hütte an der Nidda nahe der Skate-Anlage zeige, von der Jahr für Jahr weniger übrig sei.
Stein: Kritik stimmt
Immer wieder nicken die übrigen Bürger zustimmend. „Die Nidda-Renaturierung wird durch die Vorschläge doch teilweise völlig konterkariert“, sagt ein Klein-Karbener und schüttelt den Kopf. Bei den „Erlebnispunkten“ solle sich die Stadt in jedem Fall eng an der Renaturierung orientieren, findet Ulrike Loos. „Man muss den Fluss mal machen lassen.“ Wieder nicken alle im Raum. Dann habe man auch weniger Pflegeaufwand, was ja sinnvoll sei, sagt Jürgen Becker.
Stadtrat Stein hört das und dürfte sich innerlich durchaus freuen. „Dann kommen wir vielleicht auch mit dem Budget hin.“ Er räumt auch ein: „Die Kritik stimmt zum Teil, weil viel Beton vorgeschlagen wird.“ Deshalb habe die Stadtregierung sich bereits zum Ziel gesetzt: „Wir werden natürlich die betonorientierten Konzepte nicht umsetzen.“ Sondern, kündigt Ortsvorsteher Wortmann an, es werde „ein Mix aus vielen der Ideen“ realisiert. (den)