Nur Grüne gegen neuen Vorstoß zur Segmüller-Ansiedlung
Bad Vilbel. Vieles ist noch immer unklar in dem seit zehn Jahren andauernden Bemühen, den Möbelgiganten Segmüller in Bad Vilbel anzusiedeln. Eines aber steht seit der jüngsten Stadtparlamentssitzung fest: Die Grünen positionieren sich eindeutig gegen das Großprojekt. Und sie nennen dafür eine Vielzahl von Gründen.
Kommt Segmüller oder kommt Segmüller nicht? Diese Frage ist seit Jahren offen. Die Firma hat mit der Stadt einen Vorvertrag über den Kauf des Geländes vereinbart und eine Anzahlung geleistet. Da für das für die Ansiedlung Segmüllers geplante 13 Hektar große Gebiet entlang der Nordumgehung »überwiegend gewerbliche Bauflächen sowie öffentliche Grünflächen« vorgesehen sind, wollte die Stadt im Jahr 2012 eine erste Änderung des Flächennutzungsplans beschließen lassen. Dazu mussten im Verfahren auch die Umlandkommunen gehört werden. Doch dort stieß das Vorhaben auf wenig Gegenliebe – so wenig, dass Einspruch gegen die Ansiedlung des Möbelgiganten erhoben wurde.
Die Gerichte befassten sich mit dem Thema, denn die Stadt wollte durchsetzen, dass Segmüller mehrere tausend Quadratmeter zentrenrelevanten Sortimente anbieten darf. Doch die Umlandkommunen fürchteten um ihren Einzelhandel, die Richter gaben ihnen Recht. Nicht zuletzt deshalb, weil der Regionalverband 800 Quadratmeter als zentrenrelevante Sortimente festlegt, eine Größe, die die Gerichte bestätigten.
Nun wagt die Stadt einen neuen Anlauf zur Änderung des Bebauungsplans in der Gemarkung »Im Schleid«. Denn die Fläche muss für eine Ansiedlung des Marktes als »Sondergebiet Möbelmarkt« umgewidmet werden. Das macht ein komplett neues Verfahren notwendig, mit Anhörung der Träger öffentlicher Belange, also auch wieder der Umlandkommunen.
Skepsis auch bei der SPD
Die Stadt will nun diesen Planungsprozess neu in Gang setzen. Die Verantwortlichen der Stadt und Teile der Kommunalpolitik sind durchaus skeptisch, ob das Verfahren zugunsten des Standorts Bad Vilbel ausgeht. Klarheit wolle man haben, sagte Erster Stadtrat Sebastian Wysocki (CDU) im Ausschuss. Und SPD-Fraktionschef Christian Kühl sah es genauso: Seine Fraktion werde dem Aufstellungsbeschluss für die Planänderung zustimmen, sagte er. »Vor allem deshalb, damit die Stadt Bad Vilbel , endlich Klarheit darüber bekommt, ob Segmüller sich in Bad Vilbel nun tatsächlich ansiedeln möchte, auch wenn das Nebensortiment nur 800 Quadratmeter groß sein darf«, sagte Kühl.
Ein wenig Skepsis wegen dieses Großprojektes schwingt also auch bei der SPD mit. Als vor knapp zehn Jahren über die Segmüller-Ansiedlung diskutiert worden sei, seien weder Spring Park Valley, noch Stadthalle, Therme und die Wohnbebauung von Bücher und Henninger absehbar gewesen. »So stellt sich schon die Frage, ob Bad Vilbel eine fünfte Großbaustelle verträgt«, sagte Kühl.
Diese Fragen haben die Grünen für sich bereits eindeutig beantwortet – mit einem klaren Nein. Die Stadt wolle die Regionalversammlung dazu bringen, einer Änderung des Regionalen Flächennutzungsplans zuzustimmen, die Kaufkraft aus der Stadt auf die grüne Wiese ziehe. »Und das gegen die Interessen unserer Einzelhändler, gegen die Interessen von Friedrichsdorf, Bad Homburg und Karben«, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Jens Matthias.
Dafür nannte er in der Stadtverordnetensitzung gewichtige Gründe. Möbelkäufer würden auch aus dem Main-Kinzig-Kreis anreisen, über die Landesstraße 3008. Eine Straße, die schon heute sehr belastet sei und später den Verkehr von 6000 Arbeitsplätzen im künftigen Spring Park Valley aufnehmen müsse. Die Homburger Straße werde durch die Therme kollabieren, die Landesstraße durch Segmüller, prophezeihten die Grünen.
vertragstreu verhalten
Für Geschäfte, wie etwa das Haushaltswarengeschäft in der Frankfurter Straße, sehe die Oppositionsfraktion das »Totenglöcklein klingeln«. Kritisch blicken die Grünen auch auf das Ortsbild. In Bad Vilbel werde es ein Möbelhaus geben, so wie es in Weiterstadt bereits existiere, 28 Meter hoch mit knapp 2000 Parkplätzen. »Ja, dieser riesige weiße Klotz auf dem mit riesigen Lettern Segmüller prangt. Keine Schönheit. Nur riesig«, rief Matthias in den Saal. Zudem erinnert die Öko-Partei, dass das geplante Gebiet eigentlich für ortsansässige Gewerbetreibende benötigt werde. Der derzeitig gültige Bebauungsplan sei sehr gut geeignet, den Bedarf des örtlichen Einzelhandels zu befriedigen. »Wir brauchen keinen neuen Aufstellungsbeschluss«, rief Matthias, sehr zum Unmut der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP.
Ganz anders sah dies Tobias Utter von der CDU-Fraktion. Er wiederholte das Argument, dass sich die Stadt vertragstreu verhalten müsse und kritisierte, dass die Opposition in den sozialen Netzwerken Stimmung gegen die Ansiedlung mache. Die Firma Segmüller habe sich in der Vergangenheit immer fair gegenüber der Stadt verhalten. So dürfe die Stadt die vorgesehene Fläche während des Hessentags nutzen. Auch übernehme Segmüller alle Gutachterkosten der Prüfverfahren. »Deshalb ist es nur angebracht, auch der Firma Segmüller gegenüber fair zu agieren.«
Nach den Redebeiträgen war klar, wie die Abstimmung ausgeht: Die Grünen votierten gegen die Änderung des Bebauungsplans, die anderen Fraktionen sprachen sich dafür aus. Ob der Möbelgigant kommt, dürfte angesichts der Länge des Verfahrens so schnell nicht beantwortet werden.
Stöhr: Porta hat mehr Nebensortiment
Eine Gesamtverkaufsfläche von 45 000 Quadratmetern weist die Magistratsvorlage zur Änderung des B-Plans »Im Schleid« aus. Das sogenannte Möbelkernsortiment des geplanten Segmüller-Neubaus wird mit 41 400 Quadratmetern, das zentrenrelevante Nebensortiment mit 800 Quadratmetern angegeben. Teppiche würden auf 1600 Quadratmetern verkauft, Leuchten und Lampen auf weiteren 800 und »sonstige, nicht zentrenrelevante Sortimente« auf 400 Quadratmetern. Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) wies darauf hin, es gebe nur wenige Überschneidungen mit den Waren der Bad Vilbeler Innenstadtgeschäfte. Zudem verfüge das schon in Dortelweil ansässige Unternehmen Porta über ein zentrenrelevantes Sortiment von 3000 Quadratmetern. Die Stadt sei davon überzeugt, »dass die Region noch ein weiteres Möbelhaus verträgt«, so der Bürgermeister im Parlament. (pe)