Bad Vilbel. Adrian-Sprudel, Barbarossa-Brunnen, Elfen-Quelle, Vigeno-Brunnen – die Auswahl ehemaliger Mineralwasserbetriebe in Bad Vilbel klingt fast schon abenteuerlich. Heute gehören diese Namen der Vergangenheit an. Mehr als zwei Dutzend verschiedene Quellen gab es vor dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt.
Vor allem Ende der 1920er-Jahre griff ein regelrechter »Brunnengräberrausch« um sich. Die Vilbeler – damals noch ohne »Bad« im Stadtnamen – hatten verstanden, auf welcher flüssigen Kostbarkeit sie lebten. Egal ob Buchdrucker, Gastwirt, Tierarzt, Kinobesitzer, Landwirt, Postsekretär oder Bäcker – beinahe jeder Mensch mit eigenem Grund und Boden begann damals in der Erde zu bohren, um aus dem (vielleicht) sprudelnden Mineralwasser Kapital zu schlagen.
Beim »Wilden Mann« fing alles an
Doch lediglich die Hassia-Quelle, eine der vier ältesten Quellen Bad Vilbels, hat es bis zum heutigen Tag geschafft, diese Geschichte erfolgreich fortzuschreiben. 1864 wurde sie auf dem Grundstück des Gasthauses »Wilder Mann« in der Frankfurter Straße, ganz in der Nähe von Marktplatz und damaligen Rathaus, gebohrt. Aber nicht nur die Quelle selbst ist zu einem Teil der Bad Vilbeler Historie geworden, sondern auch deren Gründerfamilie. Die Hinkels lassen sich bis zum Jahr 1550 anhand von Kirchenbucheinträgen zurückverfolgen.
Gastwirt Philipp Wilhelm Hinkel hatte den Hassia-Brunnen vor 160 Jahren erschlossen. Auf ihn folgte sein Sohn Fritz Hinkel, der das Unternehmen im Jahr 1900 als »Hassia-Mineralbrunnen-Sprudel« ins Handelsregister einschreiben ließ. Dessen Söhne Wilhelm und Otto konnten die Zahl der Abfüllungen in den späten 1920er-Jahren weiter steigern. In den darauffolgenden Generationen machten Günter und Dirk Hinkel aus dem Betrieb einen bedeutenden Konzern.
Anekdotische
Einblicke
»Mehr Bad Vilbel geht eigentlich gar nicht«, brachte es Friedemann Kuhl vom Verein für Geschichte und Heimatpflege am Samstag auf den Punkt. Im neuen Veranstaltungs- und Ausstellungsraum »Made in Bad Vilbel« an der Frankfurter Straße fand anlässlich des städtischen Quellenfestes die Vorstellung der neuen Hassia-Chronik statt. Ganz druckfrisch lag dieses Werk in der kleinen Galerie zum Kauf bereit.
Zahlreiche Gäste kamen später auf das Angebot zurück. Vorher hörten sie aber die Ausführungen des Hauptautors Günter Hinkel. Gemeinsam mit Grafiker Friedemann Kuhl sowie Co-Autor Stefan Kunz gab der Hassia-Seniorchef anekdotenreiche Einblicke in den Inhalt des Buches.
Sinnbildlich und ganz bewusst gewählt ist das Titelfoto der über 240 Seiten starken Veröffentlichung: Vier Generationen Hinkel sind darauf als Macher der Firmengeschichte in Farbe und Schwarz-Weiß zu sehen.
»Der Vorgänger dieser Chronik ist bereits 2020 firmenintern erschienen«, erzählte Hinkel dem Publikum. »Das hier ist die erweiterte Neuauflage, in der es nicht nur um Hassia, sondern auch um alle anderen Bad Vilbeler Quellen geht. 470 Bilder und Grafiken sind in dem Buch enthalten.«
Die Aufbereitung der Bad Vilbeler Quellengeschichte im Allgemeinen ziehe sich wie ein roter Faden durch den Inhalt, bewarb Friedemann Kuhl die Publikation. Spannend und lesefreundlich seien die kurzen und kompakten Kapitel mit vielen Bildern aus der Familien- und Firmenhistorie gestaltet.
An die vergangenen Zeiten erinnerte auch ein Bad Vilbeler. »Noch Ende der 60er-Jahre hörte man täglich das Klappern der Flaschen in den Abfüllanlagen entlang der Frankfurter Straße«, ließ der Zeitgenosse am Rande der Veranstaltung wissen. Da hätten die unmittelbaren Nachbarn rund ums Rathaus einiges an Lärm ertragen müssen. Eine andere Quelle berichtet sogar, dass bisweilen die gesamte Stromversorgung in der Innenstadt zusammengebrochen sei.
Von Jürgen Schenk
»Die Hassia-Firmengeschichte und die Historie aller Bad Vilbeler Quellen« ist unter anderem direkt bei der Firma Hassia in der Gießener Straße 18-30 in Bad Vilbel erhältlich. Der Preis des Buches liegt bei 15 Euro. (jsl)