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Ein wandelndes Vilbel-Lexikon

Peter Schöttner ist in Bad Vilbel geboren und aufgewachsen. Foto: Eickhoff
Peter Schöttner ist in Bad Vilbel geboren und aufgewachsen. Foto: Eickhoff

Bad Vilbel. Peter Schöttner ist in Bad Vilbel definitiv kein Unbekannter. Wenn er in historischem Kostüm bei Stadtführungen Gruppen durch seine Heimat Bad Vilbel führt, zieht er Blicke auf sich. Doch historisches Wissen ist längst nicht alles, was den 74-Jährigen mit seiner Heimatstadt verbindet.
Es dauert nicht lange, da wird Peter Schöttner das erste Mal angesprochen. Ein kurzer Smalltalk auf der Niddabrücke – weiter geht’s. Der 74-jährige Stadtführer ist eben auch ohne Kostüm bekannt in seiner Heimatstadt. »Das war allerdings eine Kollegin aus dem Geschichtsverein«, sagt er und lacht. Das Thema? Die nächste Stadtführung. »Da ist dann aber hoffentlich das Wetter besser.«
Respekt vor
Kinderführungen

Peter Schöttner ist seit 2005 im Geschichtsverein aktiv und fungiert seit mehr als 16 Jahren als Stadtführer in seiner Heimatstadt beziehungsweise Geburtsstadt. »Das Krankenhaus stand in der Straße Am Felsenkeller.« Schöttner weiß so was. Da braucht er nicht nachzuschlagen. Er ist eine Art wandelndes Vilbel-Lexikon.
Zurück zum Geschichtsverein. »Die Stadt hatte damals inseriert, dass neue Stadtführer gesucht werden; meine Frau brachte mich auf den Artikel. Ich dachte mir, das schaue ich mir mal an.«
Mit Taschenlampe
durch die Stadt

In seiner beruflichen Zeit arbeitet Schöttner als Betriebstechniker. Er habe Versicherungskaufmann gelernt, ebenso das IT-Fach. »Ich war das Bindeglied zwischen Fachabteilung und IT-Abteilung.« »Da ich beides kannte, konnte ich auch die jeweiligen Wünsche und Ansprüche gut nachvollziehen.«
Die Arbeit im Geschichtsverein gefällt ihm. Mittlerweile gehört er zum Vorstand und bietet viele Führungen im Jahr an. Von der Altstadtführung bis hin zur Taschenlampenführung mit Kindern. »Ich weiß noch, dass ich davor am Anfang großen Respekt hatte und keine machen wollte«, sagt er und lacht. Schöttner ist seit vielen Jahren glücklich verheiratet, aber Kinder oder Enkel gibt es keine. »Ich bin aber froh, dass auch diese Führungen mittlerweile klappen. Es macht wirklich Spaß mit denKindern.«
Bad Vilbel kennt Schöttner wie seine Westentasche. Der 74-Jährige ist in der Quellenstadt geboren und aufgewachsen. Schnell kommt er ins Erzählen. Schöttner berichtet vom Gefängnis und seinen Zellen in der Bergstraße, von amerikanischen Soldaten auf dem Schießplatz im Bad Vilbeler Wald und Madame Tussaud. Wachsfiguren aus Bad Vilbel? »Nein«, sagt Schöttner und lacht. Friedrich Grosholz, der ein eigenes Denkmal vor der Volksbank in Bad Vilbel hat und in dessen Kostüm Schöttner bei Führungen gerne schlüpft, war im 19. Jahrhundert ein Kaufmann, der zu einem der reichsten Männer im Kreis Friedberg zählte. »Die meisten wissen nicht, dass er mit Marie Grosholz verwandt war, die im Wachsfigurenkabinett ihres Onkels in Paris tätig war und nach 1802 das weltberühmte Wachsfigurenkabinett als ›Madame Tussaud‹ in London aufbaute.«
Kaum einer hat Bad Vilbel so wachsen sehen wie Schöttner. »Ich wollte hier gar nicht weg«, sagt er. Vom kleinen Dorf zur größten Stadt im Wetteraukreis. Neue Viertel sind entstanden, andere gewachsen. »Dortelweil-West war in meinen Augen ein Geniestreich.« Politisch wollte sich der 74-Jährige dennoch nie engagieren. »Ich habe mir meine Meinung immer gebildet, aber das reicht mir.« Heute sitzt der Rentner gerne auf der Niddabrücke und genießt den Blick auf den Fluss. »Wenn man sich überlegt, dass hier ein hässlicher großer Parkplatz war, ist es wirklich schön geworden«, sagt er. Und schiebt dann in typischer Schöttner-Manier den nächsten Fakt hinterher. »Bad Vilbel hat unfassbar viele Brücken«, berichtet er. »Fällt vielleicht gar nicht so auf, aber wenn man mal darauf achtet, merkt man, dass es mehr als 15 sind.«
Mit 80 soll Schluss sein
Über sie alle spaziert ist der 74-Jährige, aber auch mit dem Rad ist Peter Schöttner liebend gerne unterwegs. »Seit einiger Zeit dann mit E-Motor«, sagt er und lacht. »Wir haben schon immer gerne große Touren durch Deutschland gemacht.« Teilweise legt Schöttner dabei bis zu 140 Kilometer am Tag mit Freunden zurück. »Deutschland hat so schöne Ecken, die haben wir fast alle mit dem Rad erkundet«, sagt er. Aber auch in Innsbruck, Wien und Passau war er auf dem Drahtesel unterwegs. »Wir reisen gerne.« Außerdem spieltr Schöttner für sein Leben gerne Tischtennis und Badminton. Mit den Stadtführungen möchte er auch noch eine Zeit weitermachen – zumindest bis er 80 Jahre alt ist. »Dann ist es irgendwann auch mal gut.«
Von Patrick Eickhoff