„Von Managern in Spitzenjobs werden heute Coolness, Selbstbewusstsein und die Souveränität verlangt, auch in brenzligen Situationen den Überblick zu bewahren“, schreibt der Bad Vilbeler Historiker und mehrfache Buchautor Christian Schnee, über „Georg I.“ (1660-1727), dem er ein analytisches und detailfreudiges 133-Seiten-starkes monographisches Buch widmet.
Bad Vilbel. Wer war dieser Georg der Erste, dem Schnee akribisch „nachspioniert“ um ein beeindruckendes Bild eines Regenten zu zeichnen, der sich doch durch andere Verdienste in der Geschichte einen großen Namen machte.
„Bedeutende Herrscher tragen gewichtige Beinamen und sind als ,der Große“, ,Löwenherz’ oder , Sonnenkönig’ in Erinnerung. Dafür gewannen sie Kriege, bauten Paläste oder hielten sich nur einfach über viele Jahrzehnte an der Macht“, schreibt Christian Schnee im Vorwort seines Buches und fügt hinzu: „Der König, um den es hier geht, verdiente sich andere Meriten: Zu Georgs Regierungszeit entstand die konstitutionelle Monarchie, vielleicht ganz und gar die parlamentarische“. Und seine Regierung gewährte dem Philosophen Voltaire Asyl, lange bevor dessen Freundschaft mit dem Preußenkönig Friedrich die Neugierde der Zeitgenossen erregte, berichtet Schnee über den Mann, der in England lange Zeit nicht im Rampenlicht der Geschichtsforschung stand, der aber 2014 ins Blickfeld tritt, da sich jetzt seine Krönung zum 300. Male jährt.
Georg I. herrschte als erster Welfe über Großbritannien, sprach aber kein Englisch; er wirkte ernst, war aber bloß schüchtern, und er brach mit vielen Konventionen seiner Zeit: der Hannoveraner Kurfürst Georg I., der am 20. Oktober 1714 zum britischen König gekrönt wurde, war ein Unikum und auch ein bemerkenswertes Gegenbild zu den Herrschern seiner Zeit.
Während sich auf dem Kontinent die Monarchen des Absolutismus mit Göttern verglichen, gestaltete Georg einen fortschrittlichen Verfassungsstaat, dessen Parlament die Regierung kontrollierte und mittels Gesetzen die Macht des Herrschers beschnitt. Georg war seiner Epoche damit weit voraus.
Grund genug, dem Menschen und Staatsmann zu seinem 300jährigen Thronjubiläum eine Biografie zu widmen, die nicht nur sein Leben als Herrscher, sondern auch sein bewegtes Privat- und Liebesleben spannend und kenntnisreich aufarbeitet.
Christian Schnee studierte Geschichte, Politik und Public Relations an Universitäten in England, Schottland und den USA. Er betreute zunächst die Pressearbeit der hessischen CDU, war Regierungssprecher für die Medienarbeit der Hamburger Landesregierung; er organisierte die internationale Pressearbeit der Gastgeberstadt Hamburg zur Fußballweltmeisterschaft 2006 und leitete danach die Abteilung Politische Kommunikation der Konrad Adenauer Stiftung. Schnee wurde mit einer Arbeit über Marketing in der Politik promoviert und unterrichtet seit 2008 Public Relations an einer Universität bei Birmingham. (sam)
Christian Schnee: „Georg I. Ein Welfensohn zwischen London und Hannover“, Verlag Ludwig, Kiel, September 2013, broschiert, 18,90 Euro; ISBN978-3-86935-208-4