Sein ganzes 48 Jahre langes Arbeitsleben – davon die vergangenen 17 Jahre als Hauptamtsleiter – war Walter Lassek im Bad Vilbeler Rathaus im Dienst. Am 23. Dezember ist sein letzter Arbeitstag.
Bad Vilbel. Es war ein Rendeler, der in den vergangenen 17 Jahren an vorderster Stelle dafür sorgte, dass die organisatorischen Abläufe in der Bad Vilbeler Stadtverwaltung funktionierten. Zum 1. Januar 2000 folgte er dem in den Ruhestand gegangnen Walter Weiher als Hauptamtsleiter und hielt dem Bürgermeister wie den Stadträten den Rücken frei, für deren politische Arbeit. Zu seinen Aufgabengebieten gehörten unter anderem die Personalwirtschaft samt Ausbildung der Belegschaft, die Wahlen, die Wirtschaftsförderung und natürlich die Geschäftsverteilung und der Ablauf in den Verwaltungsbereichen.
Als er am 1. September 1968, mit 15 Jahren seine Ausbildung im Alten Rathaus am Marktplatz beginnt, ist das natürlich noch nicht so. Doch Lassek zeigt früh Ehrgeiz. Er wechselt bereits nach zwei Jahren ins Hauptamt, schließt seine Ausbildung mit der Note „sehr gut“ ab. Wohl auch ein Grund, warum der damalige Bürgermeister Erich Glück (später aus der SPD ausgetreten) nicht an dem Rendeler Bub vorbeikam. „Man wollte schon einen Bad Vilbeler haben“, erinnert sich Lassek und zeigt dann aber stolz in ein Bad-Vilbel-Buch mit persönlicher Widmung und Glückwünschen zur abgeschlossenen Ausbildung.
Lange Abendsitzungen
Doch Glück fordert auch viel von seinen Mitarbeitern. „Das war noch preußische Tradition“, erinnert sich Lassek und dessen Führungsstil. So gibt es damals noch keine Zeitbegrenzung bei Parlamentssitzungen. Und obwohl Lassek nach langen politischen Abenden dann noch mit Glück etwas trinken gehen muss, erwartet sein Chef bereits am nächsten Morgen um 7 Uhr das Wortprotokoll der Sitzung.
Das wird unter der Ägide von Günter Biwer ab 1980 anders. Biwer legt Wert auf die Kunst und das Soziale, den Freigeist merkt man ihm auch in dessen Führungsstil an. Doch trotzdem muss Lassek auch hier des öfteren nachts ran. „Denn Biwer schrieb oft nachts seine Reden, wenn er etwas wissen wollte, rief er an“, erinnert sich Lassek mit einem Schmunzeln. Aber es herrscht auch viel Kollegialität.
Und der europäische Gedanke hält Einzug ins Rathaus, das sich seit 1979 in der Parkstraße 15 befindet. Die Verwaltung ist in den Jahren zuvor extrem gewachsen, auch durch die Erweiterung der Stadt auf die vorher eigenständigen Ortsteile Dortelweil, Massenheim und Gronau.
Und auch bei den Städtepartnerschaften mit dem niederländischen Huizen, dem englischen Glossop und dem französischen Moulins, zu denen Biwer Kontakt aufbaute, war Lassek stark eingebunden. „Ich habe die Treffen organisiert“, erinnert er sich. Er schmunzelt, als er von einem überraschenden Besuch spricht. Lassek steht gerade an der Baustelle seines Hauses in Rendel, als sich der Huizener Chef des Partnerschaftskomitees ankündigt. Also schlüpft Lassek aus den Arbeitsklamotten und widmet sich seinem Gast.
Das alles hätte wohl nicht funktionieren können, hätte seine Frau Ingrid nicht an seiner Seite gestanden. Die beiden heirateten im Mai 1976, in den Jahren 1979 und 1987 kommen die Söhne zur Welt. Denn selbst wenn sich der früher aktive Kicker beim FC Rendel nach und nach aus Vereinsangelegenheiten zurückzieht, bleibt auch für das Private nicht viel Zeit. Seine Frau steht trotzdem zu ihm.
In Bad Vilbel geblieben
Dies gibt dann auch den Ausschlag, als Bad Vilbel mit Brotterode in Thüringen eine Partnerschaft eingeht. Lassek ist oft im Osten, um dort beim Verwaltungsaufbau zu helfen. Und er bekommt Angebote: Aufgrund seiner Verwaltungserfahrung hat er durchaus damit geliebäugelt, in Thüringen den Chefsessel im Rathaus zu besetzen. Doch die Familie und seine Heimat sind ihm wichtiger, er bleibt in Bad Vilbel.
Skandälchen und Skandale hat er in seiner Zeit nie gehabt. Laut musste er hingegen schon hin und wieder werden, wenn etwas nicht lief. So etwa, als sich ein falscher Name auf einem Wahlzettel befindet, alles binnen eines Tages neu gedruckt und in den Wahllokalen verteilt werden muss.
Doch ansonsten läuft alles ruhig, auch als 2004 dann Thomas Stöhr das Ruder in der Verwaltung übernimmt. „Er nimmt sich als erster in die Pflicht“, sagt Lassek über ihn und verweist auf die Arbeitsmoral, die sein Chef vorlebt. „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, Stöhr hat nicht nur eine umfassende Ausbildung, sondern legt auch großen Wert auf kollegiale Ereignisse wie Feste und Ausflüge.“
Lassek versteht sich als Mannschaftsspieler, legt Wert darauf, dass alle Rädchen ineinandergreifen. Und so ist er sehr bestürzt, als sein langjähriger Kollege Stefan Vonrhein im Januar 2012 plötzlichen einem Herzinfarkt erliegt. Im gleichen Jahr eine weitere Hiobsbotschaft. Kollege Bruno Dickhardt nimmt sich das Leben. „Das hat mich alles schon sehr mitgenommen“, sagt Lassek.
Zum Abschluss seines beruflichen Lebens erlebt er aber noch etwas Schönes: „Dass der Umzug in ein neues Rathaus nun noch geklappt hat, erfreut mich sehr.“ Lassek ist auch hier federführend, wuppt den Umzug in gewohnter Manier.
Nun aber zieht er sich zurück. „Mein Privatleben ist zu kurz gekommen. Auch wenn ich schon Anfragen für Ehrenämter habe, werde ich mich erst einmal um meine Familie mit Haus, und zwei Freizeitgärten kümmern.“ Das hat er seiner Frau versprochen: „Aus der Nummer komme ich jetzt nicht mehr raus“, lacht er.
Doch auch mit dem Dalmatinerhund Dusty will er in die freie Natur, mit seiner Frau Ausflüge etwa in die Fränkische Schweiz unternehmen. „Weit weg hat es mich nie gezogen, auch wenn ich das jedem gönne. Aber ich finde es in Deutschland schön“, sagt er und kann sich dann doch so langsam mit dem Gedanken an einen neuen Lebensabschnitt anfreunden.