Karben. Ihr Werben für ein »Haus der Begegnung« in zentraler Stadtlage gleiche dem Kampf von Don Quijote gegen Windmühlen, berichtet Gabriele Ratazzi-Stoll. Seit Jahren wirbt die Vorsitzende des Mütter- und Familienzentrums (Müze) in Burg-Gräfenrode bei Kommunalpolitikern, Stadt und Vereinen für einen solchen Mehrgenerationen-Treffpunkt in der Innenstadt.
»Es geht mir nicht um einen Umzug des Mütter- und Familien-Zentrums aus Burg-Gräfenrode ins Brunnen-Quartier, sondern um ein Mehrgenerationenhaus (MGH) in zentraler Lage. Dort könnte das Müze gemeinsam mit verschiedenen Kooperationspartnern wie Vereinen, Kitas und Tagespflege-Einrichtungen, den Bürgern ein integratives Angebot anbieten. Ein solches Angebot beinhaltet Synergieeffekte und einen Mehrwert für alle Bürger und Anbieter«, sagt Ratazzi-Stoll. Dafür kämpft die Müze-Vorsitzende seit Jahren – passiert ist auf politischer Ebene allerdings wenig.
Zwei Modelle
Die Freien Wähler hätten die Idee in ihrem Wahlprogramm aufgegriffen. »Die Stadt Karben hat erklärt, dass sie ein ›Haus der Begegnung‹ (HdB) an zentraler Stelle entwickeln will. Allerdings fehlt bisher eine inhaltliche Kooperation zwischen dem Müze und der Stadt«, bedauert Ratazzi-Stoll. »Unser Vorschlag ist, die neue Kita im Brunnen-Quartier nicht als Flachbau zu errichten, sondern aufzustocken. In den Räumen des neuen HdB bzw. MGH könnte man Kinder, Senioren und demente Menschen zusammenbringen und gemeinsam mit Kooperationspartnern ein integratives Angebot kreieren.«
Für den Standort Brunnen-Quartier spreche, dass keine zusätzlichen Parkplätze benötigt würden, S-Bahn, Busse und Radwege lägen quasi vor der Tür. Inzwischen habe das Architekturbüro die Planungen im Brunnen-Quartier auf zwei Modelle eingedampft, die nur die Kita berücksichtigten.
Neue Angebote dank
Förderung vom Bund
Für die Koordination MGH im Müze zuständig ist seit 1. Januar Michaela Eichwede. Sie freut sich, dass das Müze auch in der neuen unter dem Motto »Miteinander – Füreinander« stehenden Förderphase des Bundesprogramms MGH dabei ist – wie schon seit Februar 2017. An dem nun acht Jahre laufenden Förderprogramm nehmen zurzeit 530 Häuser teil. »Die Anerkennung im Bundesprogramm und die darüber hinaus gehende Unterstützung der Stadt Karben bieten dem Müze die Möglichkeit, vielseitige Angebote für alle Generationen zu gestalten, die weitere Entwicklung und Umsetzung digitaler Angebote voranzutreiben und es bietet Spielraum für die Umsetzung guter Ideen zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen in der Kommune«, erklärt Eichwede.
Aktuell ist das Müze aufgrund der Coronavirus-Pandemie seit fast einem Jahr geschlossen. »Wir haben unser Angebot wie Kurse und Treffen für alle Generationen schnell auf Online- und Telefonberatung umgestellt. Dafür haben wir 1000 Euro Fördergeld in zwei Laptops investiert. Wir wollen weitere 1000 Euro Fördermittel beantragen, um unsere Hardware zu vergrößern«, informiert Eichwede. Müze-Kräfte haben oder werden Fortbildungen besuchen. Der Idealismus der Kursleiter sei hoch: Bei gleichem Honorar hätten sie im Sommer drei statt einem Kurs im Freien angeboten, um Abstandsregeln einzuhalten. Das Müze-Bistro bot zudem Waffeln und Getränke to go an.
Jeden zweiten Donnerstag im Monat »besuchen« die Mitarbeiterinnen zudem die Gäste des Seniorenmittagstisches, bringen Tüten mit Gebäck, Rätseln und Spielen an die Tür. »Alle warten schon auf uns, freuen sich und haben Redebedarf«, berichtet Eichwede. Das Reparatur-Café hat einen online Versuchsballon gestartet. In Planung sind »Geh-Gespräche« und Telefonkonferenzen. »Das Austauschbedürfnis ist riesengroß. Unser niedrigschwelliges Angebot beinhaltet, Menschen miteinander in Kontakt zu bringen, ein offenes Ohr zu haben und Vertrauen zum Team aufzubauen«, sagt Ratazzi-Stoll. Die Schattenseite: viel Arbeit für wenig Lohn. »Der Müze-Verein hat infolge der Pandemie große Einnahmeeinbrüche.«
Von Christine Fauerbach