Karben. Vor dem Gebäude flattern neue Flaggen im Wind. Sie zeigen nicht nur, dass sich hier in der Ramonville Straße direkt gegenüber dem Rathaus etwas verändert hat. Sie zeigen auch, dass hier ein zentrales »Haus der Kirche« entsteht.
Seit wenigen Wochen ist im ersten Stock, in einstigen Büroräumen der Sparkasse, das zentrale Gemeindebüro der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Karben beheimatet. Quasi zeitgleich mit dem Beitritt Petterweils zur Gesamtkirchengemeinde hat es damit den bisherigen Standort im Groß-Karbener Pfarrhaus abgelöst – und ist damit ein »mächtiges Symbol« geworden, freut sich Pfarrer Simba Burgdorf.
»Hier vereinen wir alle Ortsteile, wir sind jetzt quasi auf ›neutralem‹ Grund.« Die Gesamtkirchengemeinde hat nun ein eigenes Büro in eigens angemieteten Räumlichkeiten, die für alle Bürgerinnen und Bürger aus allen Stadtteilen gleichermaßen Anlaufstelle ist.
175 Kartons
aus allen Stadtteilen
»Schon während unseres Umzugs kamen die ersten Besucherinnen und Besucher vorbei«, erzählt Ina Lauster-Ulrich. Für die Vorsitzende des Kirchenvorstands geht mit dem Umzug ein Mammutprojekt zu Ende: 175 Kartons wurden in den Stadtteilen unter ihrer Koordination gepackt und durch ein Friedberger Unternehmen in das neue Büro geschafft.
Es bietet nun nicht nur eine zentrale Anlaufstelle für die Bürger, sondern auch deutliche Vereinfachungen in der Zusammenarbeit. Ein großer Besprechungsraum mit Platz für bis zu 20 Menschen dient als Treffpunkt für regelmäßige Sitzungen, etwa der Ausschüsse oder des Kirchenvorstands. Ein kleinerer Besprechungsraum wird flexibel von den Mitgliedern des Pfarr-Teams genutzt, die regelmäßig vor Ort sind. »Unsere Wege der Zusammenarbeit werden dadurch deutlich kürzer«, sagt Burgdorf.
Geht es beispielsweise um die Koordination verschiedener Gottesdienste zu einem Feiertag, so stecken die insgesamt vier Verwaltungskräfte nun einfach spontan die Köpfe zusammen. »Auch das ist ein wichtiger Schritt hin zum gemeinsamen Leben und Fühlen der Gesamtkirchengemeinde«, beobachtet Pfarrer Simba Burgdorf. »Wir sitzen nicht mehr alle in unseren eigenen Stadtteilen.«
Miete statt
teurer Umbau
Darüber hinaus führt das fünf Tage die Woche besetzte Büro nun erstmals Verwaltung und Archivräume zusammen: In den unzähligen Schränken sind Kirchenbücher – teils zurückgehend bis ins beginnende 17. Jahrhundert –, Amtsblätter sowie sonstige Papiere archiviert. »Hier sind verschiedene Aufbewahrungsfristen zu berücksichtigen«, erklärt Lauster-Ulrich. Bestimmte Dokumente müssen in feuerfesten Schränken aufbewahrt werden, die nun einen eigenen Raum haben.
»Wir dachten anfangs, wir hätten viel zu viele Schränke«, sagt Pfarrer Burgdorf mit Blick auf die unzähligen Aktenschränke, schmunzelnd. Doch heute, mit abgeschlossenem Umzug, seien rund 80 Prozent der Schränke belegt. »Das hat uns sehr überrascht.«
Nicht zuletzt die Schränke zeigen damit: Die – vergleichsweise zweckmäßigen – Räume passen genau zu den Anforderungen des zentralen Gemeindebüros.
Lange hatte man im Vorfeld über einen Umbau bestehender Räume nachgedacht. Doch: Dieser wäre nicht nur deutlich teurer gewesen. Auch befürworte die Evangelische Kirche Hessen-Nassau (EKHN) die Einrichtung zentraler Büros explizit, erklärt Burgdorf. Idealerweise an Orten, an die Menschen fußläufig kommen, in der Nähe von Ladenflächen – so wie hier, direkt gegenüber dem Rathaus, mit Parkplätzen direkt vor der Tür.
Als Lauster-Ulrich über ihre Mitarbeit im Dekanat vergangenen Sommer von der Aufgabe der Räume durch die Diakonie erfahren hat, hatte sie daher sofort die Idee, dass die Räume für das neue Gemeindebüro passen könnten. Seither liefen Gespräche: mit Umzugsunternehmen, den einzelnen Stadtteilen – beispielsweise rund ums Ausmisten der Archive –, der EKHN. »Der Zeitplan war sportlich«, sagt Lauster-Ulrich – erleichtert, dass der Umzug insgesamt gut über die Bühne gegangen ist.
Seither wird der neue Standort Tag für Tag mehr mit Leben gefüllt. Im Erdgeschoss des neuen »Hauses der Kirche« wird die Evangelische Familienbildung künftig Kurse anbieten, den Anfang machen Koch- und Nähkurse. Die Gesamtkirchengemeinde im ersten Stock ist nun Mieterin der Diakonie, die die Räume erworben hatte. »Das ist deutlich günstiger als es ein Umbau gewesen wäre.«
Zumal die Einrichtung fast vollständig übernommen wurde: die zweckmäßigen Schränke, die Stühle im Besprechungsraum, aus dem Gemeinderaum Groß-Karben mitgebrachte Tische. Um das neue Büro bei allem »Sparkassen-Chic« ein wenig menschlicher zu machen, hat sich rund um Pfarrerin Nadia Burgdorf ein Deko-Team gebildet. Es wird nun gezielt überlegen, wie die ockerfarbene Einrichtung weiter mit Leben gefüllt werden kann. »In schönen Räumen kommen auch schönere Ideen«, fasst Ehemann Simba Burgdorf zusammen. Neue Fahnen mit dem Logo der Gesamtkirchengemeinde hat er für den Fahnenmast vor der Tür bereits bestellt.
Von Jana Sauer