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Ein entscheidendes Jahr

Erfolgreiche Spendenaktion: Kisten über Kisten stapeln sich bereits wenige Stunden nach dem Aufruf im Dortelweiler Forum. Foto: Privat
Erfolgreiche Spendenaktion: Kisten über Kisten stapeln sich bereits wenige Stunden nach dem Aufruf im Dortelweiler Forum. Foto: Privat

Bad Vilbel. Russlands Krieg in der Ukraine, Corona und zahlreiche Aktionen. Das vergangene Jahr hat den Flüchtlingshilfeverein »Willkommen in Bad Vilbel« ganz schön auf Trab gehalten. Vereinsvorsitzende Kathrin Anders blickt zurück auf bewegende Hilfsaktionen, großzügige Spenden und hofft, dass die Unterstützung auch im neuen Jahr groß sein wird.
Am 24. Februar 2022 begann die Invasion russischer Truppen in die Ukraine. Kathrin Anders, Vorsitzende des Flüchtlingshilfevereins »Willkommen in Bad Vilbel«, erinnert sich. Schrecklich seien die Bilder und ersten Meldungen gewesen. »Umso bemerkenswerter war es, dass wir bereits am nächsten Tag eine parteiübergreifende Mahnwache an der Büchereibrücke in Bad Vilbel hatten.« Die Stimmung sei – verständlicherweise – bedrückend gewesen. »Corona hatte schon dafür gesorgt, dass die Stimmung nicht gut ist. Der Krieg hat das nicht besser gemacht. Mit der Mahnwache wollten wir zusammenrücken.« Getreu dem Motto: »Niemand ist allein«.
Enorme Welle
der Hilfsbereitschaft

Zu dem Zeitpunkt ist der Flüchtlingshilfeverein zwar aktiv – aber eingeschränkt. Zwar zählt »Willkommen in Bad Vilbel« um die 300 Mitglieder, die haben sich jedoch aufgrund der Corona-Pandemie etwas aus den Augen verloren. »Das hat sich mit dem Kriegsbeginn schlagartig geändert.« Eine enorme Welle der Hilfsbereitschaft macht sich auch in Bad Vilbel breit. Der Verein organisiert Spendenaktionen im Kultur- und Sportforum und am Sportplatz in Dortelweil. »Wir waren so schnell voll, das war unglaublich«, erinnert sich Anders. »In wenigen Stunden hatten wir bereits den ersten Siebeneinhalbtonner vollgeladen.« Der Andrang hörte gar nicht mehr auf. »Es wurde immer mehr.« Seit Oktober 2021 führt sie den Verein. »Bewegter hätte das erste Jahr nicht sein können.« Bei der Spendenaktion in Dortelweil kommen bereits die ersten Ukrainerinnen fragen nach Klamotten und im nächsten Atemzug, ob sie helfen können. »Das zieht sich durch die kommenden Monate. Sie wollten immer gleich mitanpacken, waren unfassbar dankbar.«
Hilfeladen in Rekordzeit eingerichtet
In Rekordzeit wird ein Hilfeladen unterhalb der katholischen St.-Marien-Kirche in Dortelweil eingerichtet. 200 Stunden Arbeit investieren die rund 90 Helferinnen und Helfer in kürzester Zeit. »Es hat nicht lange gedauert und dann hatten die Ukrainerinnen den Laden fest im Griff. Sie wussten genau, wo es was gibt, haben die Organisation und Kommunikation übernommen.« Ebenso schnell ist ein Benefizkonzert mit ukrainischen Musikerinnen und Musikern im April organisiert.
Dabei komme man natürlich auch ins Gespräch. »Es sind viele Frauen mit kleinen Kindern. Das ist sehr bewegend. Der Krieg ist uns sehr nahe und ich glaube, man fühlt sich dem ganzen Land jetzt ein deutliches Stück näher.«
Wichtig sei gewesen, dass man im Vergleich zu anderen Flüchtlingswellen auf eine gewisse Infrastruktur zurückgreifen konnte. »Wir waren nicht unvorbereitet.« Schnell habe sich ein runder Tisch gebildet. »Die Unterstützung der Stadt, von Hassia aber auch den Hotels und vielen Ehrenamtlichen ist einfach top.«
Rund 900 Flüchtlinge sind derzeit in Bad Vilbel untergebracht – darunter 450 Ukrainerinnen und Ukrainer. »Sie wohnen alle in Unterkünften oder privat bei Menschen, die einen Platz angeboten haben.« Viele, die arbeiten, würden gerne die eigenen vier Wände beziehen. »Aber es mangelt an Wohnraum. Das ist ein großes Problem.« Das werde den Verein auch im kommenden Jahr beschäftigen.
Nächsten Monate
werden entscheidend

Dasselbe gelte für die Arbeitsbeschaffung. »Dafür müssen sie erst mal Deutsch lernen.« Die Kurse laufen an. Das Problem: Babysitter zu finden. »Es wäre gut, wenn die jungen Frauen Deutsch lernen und jemand aufs Kind aufpassen könnte. Da freuen wir uns immer über Unterstützung.«
Die Kurse hätten teilweise Kinderbetreuung, die ebenfalls ehrenamtlich organisiert sei. »Allerdings fehlen Kita-Plätze, damit dann auch Beschäftigung der Frauen gelingen kann.«
Die nächsten Monate seien schließlich entscheidend. »Jetzt wird sich zeigen, ob und wie Integration gelingt. Die deutsche Sprache ist und bleibt der Schlüssel.« Von Patrick Eickhoff

Aktuelle Informationen zum Verein auf https://fluechtlingshilfe-badvilbel.de/