Seit über zehn Jahren ist Matthias Gärtner Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde im Bad Vilbeler Stadtteil Dortelweil. Im August geht es für ihn in den Ruhestand, Pfarrer Johannes Misterek, momentan noch in Massenheim tätig, wird die Stelle übernehmen.
Bad Vilbel. „Ich bin im Januar 65 Jahre alt geworden und gehe zum 1. August offiziell in den Ruhestand“, erklärt der langjährige Dortelweiler Pfarrer Matthias Gärtner. Diese Aussage bringt er locker über die Lippen, Angst scheint ihm der bevorstehende Schnitt im Leben nicht zu machen.
„Ich blicke auf eine lange Ausbildungs- und Dienstzeit zurück“, erklärt er im Dortelweiler Pfarrhaus. Seinen Wohnsitz hat der Pfarrer bereits nach Friedberg-Fauerbach verlegt, lediglich sein Büro befindet sich derweil noch im alten Pfarrhaus. Da stehen Bücherregale beieinander, Umzugskisten stapeln sich. „Wenn man so einen großen Abschnitt im Leben hat, der sich dem Ende zuneigt, geht einem schon eine Menge durch den Kopf“, sagt der Pfarrer bestimmt, aber mit nachdenklichem Blick auf die restlichen Umzugskisten und Bücherstapel.
Seelsorger der Polizei
„Aber für mich steht jetzt erst einmal der Rückblick an, den ich gerne mit dem Psalmwort verbinde: ,Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat’.“ Die Betonung müsse dabei auf „vergiss es nicht“ liegen. „Ich bin nicht amtsmüde. Die Arbeit macht mir viel Freude, gerade weil ich sie nicht alleine tue, sondern mit vielen Ehrenamtlichen zusammen. Aber ich wittere auch eine neue Freiheit, die neue Chancen der Lebensbegegnung und der Weltbegegnung in sich birgt.“
Ein zweites Enkelkind sei auf dem Weg, für dieses sowie überhaupt für die Familie habe er dann mehr Zeit. Viele Bücher wollen noch gelesen werden und viele Länder entdeckt. Dafür sei im Ruhestand die Zeit da. Der Wunsch, den Beruf des Pfarrers zu ergreifen, hat Matthias Gärtner schon früh ereilt. Damals habe er durch das evangelische Jugendwerk in Frankfurt (EJW) erste Anregungen bekommen. „Das kannst du zu deinem Lebensthema machen, habe ich mir in der Oberstufe gesagt“, erinnert sich der Dortelweiler Pfarrer.
Eine der prägendsten Erfahrungen nach 15 Jahren Gemeindedienst im Vogelsberg seien die zehn Jahre gewesen, die er im Dienste des Bundes gearbeitet habe. Nämlich als Polizeiseelsorger: „Klingt exotisch, auch manches, was ich da erlebt habe, war exotisch. Diese Herausforderung habe ich angenommen und viel gelernt.“ Er habe die Polizeibeamten intensiv in ihrem Beruf begleitet, wie auch in privaten Situationen, im In- und im Ausland.
Über die Bibel reden
Danach hat er sich in Dortelweil beworben. Die Stelle sei frei gewesen und außerdem in unmittelbarer Nähe zu seiner Heimatstadt Frankfurt. „Wichtig war mir von Anfang an, dass die Generationen, also Alt- und Neu-Dortelweil, wenn man so will, noch weiter zusammenwachsen müssen.“ Gemeinsam mit den Verantwortlichen, besonders mit dem Gemeindepädagogen Dirk Nising habe er viel geschafft, berichtet der Pfarrer: „Ich wollte zeigen, dass ich immer zur Verfügung stehe, wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird, aber nicht entmündigend, indem ich sage, der Pfarrer kann es sowieso am Ende besser.“
Die besonderes erfolgreiche Jugendarbeit in Dortelweil hebt er hervor, ebenso die gute Zusammenarbeit mit der Bad Vilbeler Christuskirchengemeinde sowie mit zunehmend allen weiteren evangelischen Kirchengemeinden in Bad Vilbel. Die Stärkung des Ehrenamtes für die Gemeinschaft und der Aufbau einer starken Mitarbeiterschaft seien unter anderem seine Schwerpunkte in Dortelweil gewesen.
Doch auch einen theologischen Schwerpunkt hat sich der Pfarrer gesetzt: „Die Beschäftigung mit der Bibel ist zentral. Ich sehe darin die großen Menschheitsfragen auch weiterhin beantwortet. Aber die Übersetzungs- und Vermittlungsarbeit ist die große Herausforderung“, findet er.
Es erschrecke ihn nahezu, dass es viele Menschen gebe, die die Geschichten in der Bibel in zu einfacher Weise wörtlich nehmen. „Es ist doch die Heilige Schrift“, werde immer argumentiert. „Es ist eine geistlich-theologische Schrift, keine naturwissenschaftliche Schrift. Und darüber muss man sprechen, damit man mit der Bibel als Mensch in der Gegenwart wirklich etwas anfangen kann. So zu übersetzen, so auszulegen, damit man merkt, das ist zeitlos“, weiß Gärtner. Das habe er immer versucht zu vermitteln.
In seinem neuen Wohnsitz in Friedberg wolle er sich in Zukunft in der Gemeinde engagieren. Mit Seminaren oder sogar Studienreisen.