Bad Vilbel. Sie leisten mit ihrem Einsatz einen unverzichtbaren Beitrag für die Gesellschaft: Jedes Jahr erhalten besonders engagierte Wetterauerinnen und Wetterauer dafür die Ehrenamts-Card des Landes Hessen. Einer von ihnen ist Michael Spohn aus Bad Vilbel. Mit dem »Wünschewagen« des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) erfüllt er schwerstkranken Menschen einen letzten Herzenswunsch. Das schreibt der Wetteraukreis.
Wenn Michael Spohn durch sein Einsatzheft blättert, dann blättert er in Erinnerungen. »Hier hat sich eine schwerstkranke Dame gewünscht, die Konfirmation ihrer Enkelin besuchen zu können«, sagt er und deutet auf eine Seite. Auf der nächsten: Die Fahrt eines kleinen todkranken Mädchens zu einer Aufführung im Kurhaus Bad Nauheim. Jeder Eintrag im Heft dokumentiert einen letzten Wunsch – und eine Fahrt mit dem Wünschewagen des ASB, einem speziell für das Projekt gebauten Fahrzeug. Michael Spohn ist deutschlandweit als einer von rund 60 »Wunscherfüllern« für den Wünschewagen Rhein-Main im Einsatz.
2017 ist das Projekt in Hessen an den Start gegangen. Bisher konnte der Wünschewagen Rhein-Main 158 Herzenswünsche erfüllen. Bei 59 Fahrten war Michael Spohn mit an Bord – und jede war etwas Besonderes: »Das Staunen der Fahrgäste, die Freude in ihren Gesichtern, wenn ihr Wunsch in Erfüllung geht – das ist das Schöne an den Einsätzen«, sagt der 71-Jährige.
Geboren wurde Michael Spohn im Allgäu. Sein Abitur legte er in Darmstadt ab. Anfang der 70er Jahre absolvierte er für den Führerschein einen Erste-Hilfe-Kurs: »Das hat mir Spaß gemacht, also bin ich dabei geblieben.« 1972 trat er deshalb dem ASB Darmstadt bei. Ein BWL-Studium war hingegen nicht das richtige für ihn: »Ich habe schnell gemerkt, dass ich nicht fürs Büro gemacht bin«, sagt Spohn.
Seine Ehefrau beschloss: »Das machst du«
Beim damaligen »Bundesverband für den Selbstschutz« arbeitete er zunächst als Ausbilder im Berg- und Brandschutz, Sanitätsdienst und ABC-Schutz, bevor er 1990 kurz als Technischer Leiter zu den Johannitern Frankfurt wechselte und schließlich beim Rettungsdienst des ASB Höchst seine berufliche Heimat fand. 2016, kurz vor seinem Ruhestand, stand schließlich der Wünschewagen des ASB in den Startlöchern. Damals beschloss seine Frau für ihn: »Das machst du, wenn du in Rente gehst.«
Gesagt, getan. Als Wunscherfüller hat Michael Spohn seitdem viele kranke Menschen an die verschiedensten Orte begleitet – vom Bodensee bis an die Zugspitze. Nicht selten sind Fußballstadien das Ziel. »Diesen Wunsch erfüllen wir oft: Noch einmal den Lieblingsverein anfeuern können.« Auch das Meer und die Berge sind für viele Erkrankte Sehnsuchtsorte, die sie ein letztes Mal besuchen möchten. Doch nicht alle Wünsche erfordern eine lange Fahrt. Manchmal geht es für Michael Spohn und seine Kolleginnen und Kollegen auch in den Zoo oder ins Eisenbahnmuseum.
Der Wünschewagen hilft dort, wo Angehörige Unterstützung benötigen, etwa, wenn ein Fahrgast nur liegend transportiert werden kann, Organisation im Bereich Pflege und medizinische Versorgung benötigt wird oder die Familie sich den Ausflug allein einfach nicht zutraut. Viele Anfragen kommen von Privatpersonen, manchmal wenden sich auch Hospize direkt an den Wünschewagen. In vielen Fällen mit Erfolg. Ob eine Fahrt möglich ist, wird zuvor immer mit dem behandelnden Arzt abgesprochen.
Auf Privatsphäre
wird geachtet
Der Wünschewagen, der im Übrigen rein durch Spenden finanziert wird, ist rundum mit getönten Panoramafenstern ausgestattet. »Der Fahrgast kann also rausschauen, aber niemand hineinsehen. Für die Privatsphäre der Fahrgäste ist das ganz wichtig.« Die medizinischen Gerätschaften sind in Schränken versteckt, Bettwäsche mit Sternenmuster und kleine blaue Sterne an der Fahrzeugdecke sollen für etwas Gemütlichkeit sorgen – damit man sich nicht zu sehr wie in einem Krankenwagen fühlt.
Dass er nun Inhaber der Ehrenamts-Card ist und im Alltag Vergünstigungen nutzen kann, ist für Michael Spohn ein Symbol der Wertschätzung. Doch der eigentliche Lohn ist das Ehrenamt selbst, sagt er: »Das gibt mir einfach unheimlich viel.« (zlp)