Karben/Niederdorfelden. Die Mühlenwanderung im Rahmen des Dorf-Jubiläums »1250 Jahre Rendel – Ein Jahr Vielfalt« führte rund fünfzig Interessierte am Tag der Mühlen, der seit 30 Jahren immer am Pfingstmontag stattfindet, zur Rendeler Born- und Schar- sowie der Ölmühle nach Niederdorfelden. Karl-Heinz Hoos, Nachfahre des legendären »Bornmellerschorsch« Georg Hoos, konnte eindrücklich aufzeigen, weshalb die Bornmühle, niemals erfolgreich sein konnte. Zum einen wurde sie gespeist vom erst 200 Meter zuvor ans Tageslicht tretende Quelle (born), die so unergiebig war, dass sie oberhalb der Mühle aufgestaut wurde und nur kurzzeitig genügend Druck erzeugte, andererseits waren die Rendeler Landwirte bereits an die Scharmühle gebunden. Nach Aufgabe und Verfall der ersten Mühle versuchte es der »Schorsch« ab 1848 ein zweites Mal und auch das notgedrungen zweitgrößtes Wasserrad Deutschlands konnte die Standortnachteile nicht wettmachen. So stand die Mühle ab 1914 still und wurde nur noch landwirtschaftlich genutzt.
Beim Gang durch das Anwesen waren bauliche Spuren des in den 1960er Jahren entsorgten Mühlrad noch auszumachen, auch das Wasser fließt noch hörbar durch das Gebäude und versorgt die heutigen Anwohner autark mit Quellwasser.
Erfolgreicher war die von den Wanderern als nächstes besuchten viel ältere Scharmühle, deren erste Erwähnung im frühen 14. Jahrhundert sie zu den ältesten Wetterauer Mühlen macht und deren Mühlbach ein Altarm der Nidda war, der ungewöhnlicherweise in die Nidder abfließt.
Nach ihrer Entwicklung zur Blütezeit während des Besitzes derer von Schönborns aus Diez und der Hock’schen Müllerdynastie von 1661-1906 konnte ein weiterer Betrieb nur durch massive bauliche und technische Neuinvestitionen aufrecht erhalten werden. Dem Fortschritt fiel schließlich auch die ursprüngliche Mühle zum Opfer, die als zweitältestes Gebäude nach der Rendeler Kirche galt.
Anhand eines Lego-Modells erläuterte Stephan Kuger die 700-jährige Baugeschichte bis zur auch heute noch beeindruckenden Landmarke, die bis in die 1990er-Jahre von der Raiffeisen als Getreide-Zwischenlager genutzt wurde. Beiden Mühlen gemein bleibt, dass die eine durch Misserfolg, die andere durch Erfolg, heute als Mühle kaum mehr erlebbar sind.
Liebevoll restauriert
Anders bei der letzten Station der Wanderung bei frühsommerlichen Temperaturen, denn die an der Nidder gelegene Ölmühle in Niederdorfelden verlor bereits im 19. Jahrhundert ihre Bedeutung. Nachdem sie bis Mitte des letzten Jahrhunderts betrieben wurde und danach in Vergessenheit geriet, erweckte sie ein Förderverein seit 2001 wieder aus ihrem Dornröschenschlaf. Zum Mühlentag waren ihre beiden liebevoll restaurierten Mahlwerke für Getreide und Öl (aus Bucheckern und Leinsamen!) aus dem 18. Jahrhundert zu besichtigen. Und so konnten sich die Wanderer bei Bewirtung und Musik nicht nur stärken, sondern zum Abschluss der Mühlen-Tour noch einmal eindrücklich die Mühsal vor Augen führen, die der bei den Bauern eher argwöhnisch beäugte Beruf des Müllers mit sich brachte. (zlp)