Eines muss man der Bad Vilbeler Stadtverwaltung zugestehen. Sie versteht es, ausscheidende ehrenamtliche Politiker gebührend zu verabschieden. Doch auch ein hauptamtlicher Polit-Profi wurde am Mittwochabend im Sport- und Kulturforum mit sehr persönlichen Worten verabschiedet, der Erste Stadtrat Jörg Frank. .
Bad Vilbel. Fast könnte man an Weihnachten denken: Die Gäste kommen in bestem Anzug und Kleid, die Tische sind edel gedeckt, der Gabentisch bricht unter der Last der Geschenke beinahe zusammen. Dabei ist es eigentlich eine reguläre Sitzung der Stadtverordnetenversammlung.
Doch schon die Anordnung der Tische, diesmal nicht nach Fraktionen aufgereiht, sondern zu größeren Gruppen zusammengestellt, lässt erahnen, dass kaum etwas in dieser Sitzung normal ist. Auch wenn Stadtverordnetenvorsteher Herbert Anders (CDU) die Sitzung wie gewohnt eröffnet und Beschlussfähigkeit feststellt. Dann aber übernimmt Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) – nachdem er gegenüber Anders seinen neuerlichen Amtseid abgeleistet hat.
In wichtiger Funktion
Und es wird schnell klar, wer im Mittelpunkt des Abends stehen soll: Denn Stöhr spricht – im Beisein etwa des Gießener Regierungspräsidenten Christoph Ulrich, aber auch Stöhrs Eltern und seiner Lebensgefährtin Annette Schmidt – über die Bedeutung des vermeintlich Kleinen, die Kommunalpolitik: „Auch wenn es hier nicht um Milliarden, Krieg oder Frieden oder Verfassungsgrundsätze gehen kann, sind gerade Fragen zur Infrastruktur vor Ort, etwa Betreuungs-, Sport- und Kulturangebote, für den einzelnen Bürger genauso wichtig. Vielleicht sogar noch wichtiger, weil dies der Bürger täglich spür- und erlebbar vor seiner Haustür erfährt.“ Hierüber müssten Bürger ehrenamtlich in den städtischen Gremien mitentscheiden. „Als Stadtverordneter, ehrenamtlicher Stadtrat oder Ortsbeiratsmitglied bekommt man bis auf eine kleine Aufwandsentschädigung finanziell nichts. Es ist ein Ehrenamt, das in der Zeit ausgeübt wird, in der man sonst Freizeit hätte.“ Man könne durchaus Erfolge verbuchen, doch müsse sich auch die Kritik seiner Mitmenschen anhören, wenn man unpopuläre, aber nötige Entscheidungen mitgetragen habe, um den Fortschritt innerhalb der eigenen Gemeinde voranzubringen.
Einige dieser Entscheidungsträger sind nach der Wahl im März aus ihren Ämtern ausgeschieden. Ihnen dankt Stöhr für das große Engagement. Über 20 Jahre im Ortsbeirat oder Parlament vertreten waren Erika Gutmann (CDU), Hans-Joachim Hisgen (SPD), Wolfgang Vier (Grüne). Hisgen kommt insgesamt auf eine Mandatszeit von über 35 Jahren. Sie alle erhielten die Ehrennadel der Stadt in Gold und die Ehrenbezeichnung „Ehrenmitglied im Ortsbeirat“.
Zwischen 15 und 20 Jahre in den Gremien vertreten waren Manfred Lanz (CDU), Hannelore Rabl (Grüne), Rainer Schmied (CDU) sowie das Ehepaar Gisela und Klaus-Peter Schulz (CDU). Auch sie erhalten die Ehrennadel in Gold.
Zwischen zehn und 15 Jahre dabei waren Harald Bischof (SPD), Ingrid Buchmann (CDU), Volker Hummel (CDU), Carsten Petry (CDU), Ulrich Rabl (Grüne), Vered Zur-Panzer (SPD) und Hans-Peter Mülot (CDU). Alle außer Mülot, der wegen anderer Tätigkeiten bereits die Ehrennadel in Gold trägt, erhalten die Ehrennadel in Silber.
Länger als eine Wahlperiode in den Gremien gesessen haben Michael Flachsel (CDU), Karola Götz (Grüne) und Manfred Kissing (Grüne). Sie erhalten die Ehrennadel in Bronze. Belobigungen erhalten Ursula Bergmann (SPD), Hans-Joachim Brings (SPD), Christian Kolb (Grüne), Gerd Rinck (SPD), Ralf Wächter (CDU) und Fritz Worster (Freie Wähler).
Viele Abschiedsworte gab es bereits über den scheidenden Ersten Stadtrat Jörg Frank (CDU). Und doch merkt man Stöhr bei dessen Laudatio an, dass die beiden mehr verbunden hat als nur der gleiche Arbeitsplatz. Nicht zuletzt habe Frank den Namen Stöhrs genannt, als es 1999 um einen Nachfolger Klaus Minkels als Ersten Stadtrat mit Perspektive zum Bürgermeisteramt ging. Und auch ein Zeugnis von Frank über Stöhr gibt es noch in den Personalakten. Denn Frank war zeitweilig Stöhrs Ausbilder.
Verlässlichkeit, Leidenschaft, Herzblut: Diese Worte sind immer wieder über Frank zu hören, auch von seiner heißgeliebten Feuerwehr. Als Frank dann errötet an das Rednerpult tritt, dankt er all den Ehrenamtlern. Allen voran aber seiner Ehefrau Lore.