Karben. Nun gilt wieder der Regelbetrieb in Kitas und Kindertagespflegestellen. Für die Karbener Tagesmütter wird das keinen großen Unterschied ausmachen, denn ihr Betreuungsangebot war in den vergangenen Lockdown-Wochen trotz empfohlener Reduzierung mehr denn je gefragt.
Kurz nach sieben Uhr morgens klingelt es das erste Mal an der Tür. Für die Karbener Tagesmutter Barbara Schmidt (42) beginnt der Tag. Nacheinander werden die Kinder gebracht, manchmal sind es vier, manchmal fünf. »Eigentlich alle«, stellt Schmidt fest, denn der Betreuungsbedarf der Eltern sei groß, zumal bei einigen die Großeltern ausfielen und das Homeschooling der älteren Geschwisterkinder die Familien an ihre Grenzen bringe. Das bestätigt Edith Beerling-Sandmann vom Karbener Kindertagespflegebüro: »Unsere Tagesmütter sind voll im Einsatz. Die Eltern sagen, wir schaffen es nicht ohne euch.«
Damit der Infektionsschutz nicht zu kurz kommt, gibt es einige neue Regeln in der Kindertagesbetreuung. So müssen sich die Eltern vor der Haustür der Tagesmutter von ihren Kindern verabschieden. »Das haben wir miteinander besprochen. Die Übergabe der Kinder findet zu festen Zeiten draußen statt«, sagt Tagesmutter Schmidt. Umso wichtiger ist es in ihren Augen, den Kindern die vertraute Nestwärme zu bieten. Ein paar Worte zu den Eltern, dann geht es hinein in das Wohnzimmer mit Spielecke, Kinderküche und Kuschelsofa. Doch halt, zuerst noch Händewaschen. »Das machen wir natürlich viel häufiger als früher«, sagt Schmidt.
Täglich bis zu fünf Kinder
Wenn gegen halb neun alle Kinder eingetroffen sind, wird gemeinsam gefrühstückt. »Im Moment lieben sie Käsebrot«, erzählt Schmidt und stellt einen Teller mit Obst dazu. Sie betreut täglich bis zu fünf Kinder unter drei Jahren zwischen 7.30 und 15 Uhr. Der Tagesablauf ist fest strukturiert, aber dazwischen haben die Kinder viel Raum zum Spielen und Herumtoben. Oft sitzt Schmidt auch auf dem Sofa, links ein Kind, rechts ein Kind und vielleicht noch eines auf dem Schoß, um vorzulesen. Auch Singen, Basteln, Puzzeln, Dinge erforschen und Ausflüge nach draußen gehören dazu. Tagesmutter Schmidt liebt die Arbeit mit den Kleinen. »Es ist einfach schön, ihnen ein familiäres Umfeld zu bieten und sie in ihrer Entwicklung zu begleiten und zu fördern«, sagt sie.
Als Tagesmutter gestartet ist sie 2007 in Karben, da waren ihre drei Kinder noch klein. Vorher hatte sie in Frankfurt an einer Grundschulbetreuung gearbeitet und sich in Naturpädagogik fortgebildet. Als Schmidt mit ihrer Familie nach Karben zog, beantragte sie beim Jugendamt die Pflegeerlaubnis für drei Tageskinder. Das konnte sie, weil sie noch in Frankfurt einen Kurs als Tagesmutter absolviert hatte. 2013 erhielt Schmidt nach einem weiteren Kurs die Bundeszertifizierung und kann seitdem fünf Tageskinder betreuen. »Es ist ein richtiger Beruf geworden«, sagt sie und ist froh, diesen Weg gegangen zu sein.
Denn im eigenen Haus war Platz genug, die Familie zog mit und sie findet es schön, Tageskindern eine familiennahe Betreuung zu bieten. Hinzu kam, dass sie sich nie alleine auf sich gestellt sah. »Es gibt tolle Fortbildungen vom Kindertagespflegebüro des Müze und wir haben in Karben einen regen Austausch, Beratung und Supervision «, sagt sie. Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie muss Schmidt immer wieder Lösungen finden, um die Bedürfnisse der eigenen Familie und die Betreuung von Tageskindern unter einen Hut zu bringen.
Zeitfenster für den Sohn
Manchmal helfe ein ausgeklügelter Zeitplan, sagt sie und erzählt, dass ihr studierender Sohn sein festes Zeitfenster zum Frühstücken im Wohnzimmer habe. Sie mache in dieser Zeit mit den Kindern den täglichen Ausflug nach draußen. Gerade jetzt im Winter brauche das Geduld. »Schnell geht gar nicht«, sagt sie und denkt dabei an Schnürsenkel binden, Handschuhe und Mütze suchen, Kältebalsam auf Kinderwangen auftragen. Der Spagat zwischen Gesundheitsschutz und Kindeswohl verlangt Schmidt einiges ab. So ist Abstand halten im Alltag als Tagesmutter keine Option. »Das geht gar nicht«, sagt sie, die Nähe zu vertrauten Personen sei für Kinder überlebenswichtig.
Und überhaupt, sie müsse den Kleinen notgedrungen nahe kommen bei der Körperpflege, beim Wickeln, Trösten, Essen und vielem mehr. Aber sie selber trage stets Maske und erlebe, dass die Kinder gut damit umgehen können. Einen positiven Nebeneffekt der Corona-Regeln hat sie bemerkt: »Die Kinder waren noch nie so wenig krank«. Von Anne-Rose Dostalek