Zweimal nennt das Lukas-Evangelium bei der Beschreibung der Geburt Jesu die Futterkrippe, in die das Neugeborene gelegt wurde. Maria „wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“ (Lukas 2,7). Und später verkündet der Engel den Hirten: „Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ (2,11-12).
Vermutlich war es eine Felsenkrippe, in die Jesus da gelegt worden ist. In Bethlehem wurden Häuser oft über oder an Fels-Höhlen gebaut. Hier war das Vieh untergebracht, es waren Steintröge und Krippen in den Fels geschlagen.
Die Kunst macht mit ihren Krippengestaltungen immer eine theologische Aussage: Dass für den neugeborenen Jesus nur in der Krippe Platz war, ist ein Bild für die Armut des Kindes, in der die Herrlichkeit Gottes aufleuchtet. Gott kommt in der Armut in die Welt. Das Kind in der Krippe zeigt, dass Jesus schon in seiner Geburt mit den Armen dieser Welt soldarisch wurde. Zum anderen wird die Nähe der Tiere zu diesem Kind betont: Jesus wird dahin gelegt, wo normalerweise ihr Futter liegt. Die Tiere treten ihm die Krippe ab. Sie gewinnen dadurch eine neue Würde. Darüber hinaus wird betont: Dass wir Jesus als den Christus annehmen, ist ein intuitiver, vom Glauben bestimmter Akt, keine Entscheidung des Verstandes.
Im Lauf der Geschichte haben Künstlerinnen und Künstler die Krippe ganz unterschiedlich dargestellt. Im Mittelalter wurde sie zur Holzkrippe, der Stall zu einem Holzstall, wie er damals in Mitteleuropa auf den Feldern und an den Bauernhäusern stand. Die Krippe stand so mitten im bäuerlichen Alltag der eigenen Lebenszeit.
Die Künstler haben die Geburt Jesu in ihre eigene Welt hineingestellt, in den bäuerlichen Alltag oder in die Welt der Handwerker. Auf den Bildern stehen oder knien neben der Krippe berühmte Persönlichkeiten des Ortes, die Auftraggeber des Bildes, Kaufleute, Bischöfe oder Bürgermeister. Damit wird gezeigt: Die ganze Welt pilgert zur Krippe, um dort das Kind anzubeten. Aktuell, in ihrer eigenen Lebenszeit pilgern die Menschen zu dem Kind, das der Sohn Gottes, der Retter der Welt ist. Es geht darum, sich vom Zauber dieser Geburt ergreifen zu lassen, ihn ins eigene Leben aufzunehmen.
Ich hoffe, dass Sie am Weihnachtsfest mit seinen Liedern, Lichtern und der Krippe einen Funken dieses Zaubers erhaschen und teilhaben können an der Freude, die der Engel den Hirten auf dem Feld verkündet: „Siehe, ich verkündige euch große Freude; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Pfarrerin Dr. Irene Dannemann,
Ev. Heilig-Geist-Gemeinde