Karben. Nur Tage nach dem Start des Genehmigungsverfahrens formiert sich in Groß-Karben Widerstand gegen den Bau der Nordumgehung. Die Bürgerinitiative „Rettet die Nidda-Aue“ (BI) wendet sich per Flugblatt an die Anwohner im Norden des Stadtteils. Die BI sei reaktiviert worden, sagt Ex-Ortsvorsteher Heinz Schülke, einer der Gründerväter der BI. Er und seine rund 70 Mitstreiter halten die neue Straße für unnötig, weil Umgehungen in Bad Vilbel und Nieder-Wöllstadt genug Entlastung für Groß-Karben brächten. Heftige Kritik ernten die BI-Aktiven von Bürgermeister Roland Schulz (SPD). Er wirft ihnen „Verunglimpfung“ und „bewusste Desinformation“ vor.
Die Pressemitteilung aus dem Rathaus hatte sich gewaschen: „Ungeheuerlicher Internetauftritt der Gegner der Nordumgehung“, betitelte sie Schulz. Denn dort werde den Befürwortern der Nordumgehung Spekulantentum vorgeworfen, weil diese auf einen Wertgewinn ihrer Anwesen entlang der künftig vom Verkehr entlasteten Heldenberger, Ludwig-, Burg-Gräfenröder und Bahnhofstraße hofften. „Ich bin zutiefst über den Stil der Gegner der Nordumgehung erschüttert“, schreibt Schulz. Außerdem habe dieser Internetauftritt „kommunalpolitische Bedeutung“, findet Schulz: Einer der beiden Gründerväter der BI, Axel Kreutz, habe noch bei der vergangenen Kommunalwahl für die FDP kandidiert, die sich allerdings für den Bau der neuen Straße ausspreche.
Angesichts solcher Vorwürfe schäumt Axel Kreutz nun: „Ich habe schon vor mehr als zwei Jahren meine Mitgliedschaft in der FDP niedergelegt, weil unsere Ansichten zur Nordumgehung nicht passten“, sagt er. „Das jetzt aufzustacheln, ist nicht so fein.“ Und seine Frau Gabriele ergänzt: „Ich glaube nicht, dass sich ein Bürgermeister zu solchen Äußerungen hinreißen lassen sollte.“ Konkret weist sie Schulz’ Vorwurf zurück, die BI habe sich „bisher noch nicht im Rathaus über die Planungen informiert“: Dass die Bürger noch keine Detailpläne einsehen konnten, daran sei Schulz’ Verwaltung schuld. „Wir haben fünfmal versucht, uns zu erkundigen“, erklärt Gabriele Kreutz. „Im Rathaus war man aber nie in der Lage, uns die Planungsunterlagen zur Verfügung zu stellen.“
Außerdem habe Bürgermeister Schulz nie geholfen, Groß-Karben vom Verkehr zu entlasten. „Andere Städte haben ihre Ortsdurchfahrten vom Lkw-Verkehr befreit“, sagt Gabriele Kreutz. „Herr Schulz hat das nicht geschafft.“ Zudem erwähne er die Naturzerstörung und die hohen Kosten gar nicht. Flora, Fauna und Landschaft in der Nidda-Aue würden unwiederbringlich zerstört. Und die Kosten seien gegenüber bisherigen Schätzungen von 7,7 auf zwölf Millionen Euro gestiegen.
„Das wird sicher noch teurer“, schätzt Heinz Schülke. Er spricht der neuen Straße ihren Nutzen ab: Die müsse nicht sein, „wenn die Fahrzeuge künftig auch über Bad Vilbel und Nieder-Wöllstadt fahren können“. Er ist überzeugt, dass der Verkehr, der derzeit aus Heldenbergen durch Groß-Karben zur B 3 drängt, künftig über die Bad Vilbeler Nordumgehung oder die Nieder-Wöllstädter Umgehung nach Frankfurt fließt.
Wie sich der Verkehr in Groß-Karben danach entwickle, solle man abwarten und so lange die Natur schonen, fordert Axel Kreutz. Er verspricht: „Wenn das nichts bringen sollte, dann werden auch wir umschwenken. Denn wir sind ja keine sturen Betonköpfe.“ Allerdings gehen er und Schülke davon aus, dass es so weit nicht kommen wird: „Wir sind davon überzeugt, dass die Nordumgehung dann nicht mehr nötig sein wird.“
Die einzelnen betroffenen Anwohner wollten nun im Genehmigungsverfahren gegen den Straßenbau plädieren, kündigt Schülke an. (den)