Schöneck. Zu einer Waldbegehung unter Berücksichtigung von Naturschutzaspekten entwickelte sich kürzlich am Samstag aufgrund der vielen Fragen der turnusmäßige Rundgang durch den Kilianstädter Gemeindewald recht lebhaft.
Marco Richter, der neue Revierförster für die Wälder von Maintal, Niederdorfelden, Bruchköbel, Neuberg und für Schöneck, war überrascht von der großen Anzahl interessierter Bürger an diesem sonnigen Vormittag. Über 30 Personen hatten den Weg in den Kilianstädter Wald gefunden.
Insgesamt 1050 Hektar umfasst sein neues Revier und dabei könnte der Zustand der Bäume kaum unterschiedlicher sein. »Schöneck hat allerdings Glück mit seinem Wald. Denn er weist vergleichsweise nur geringe Schäden aufgrund des Klimawandels auf«, stellte Richter gleich zu Beginn des Rundganges fest und ging dann sofort auf die Auswirkung von zu starker Sonnenbestrahlung auf den Wuchs der Bäume ein.
So kommen manche Bäume mit starkem Sonneneinfall recht gut zurecht, während andere entweder Sonnenbrand bekommen oder gleich verdursten. Schnell kam die Diskussion auf den Punkt »Naturwald«. »Warum überlassen Sie den Wald denn nicht besser sich selbst?« war beispielsweise eine der meist gestellten Fragen – auch an diesem Vormittag.
»Weil dann der Wald verbuschen und seine Vielfalt an Bäumen verlieren würde. Mit der Folge, dass er der Gemeinde dann weder als Erholungswald, noch als Einnahmequelle dienen könnte«, lautete die prompte Antwort des 42-jährigen Försters. Denn die heutige Forstwirtschaft sei ein ständiges Abwägen zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Interessen, um die unterschiedlichen Ansprüche an den Wald von den Waldbesitzern genauso wie von Naturschutzverbänden berücksichtigen zu können. Deshalb gehöre zum Ökosystem Wald genauso das Wild, dessen Bestände durch Jagd und Hege reguliert werden, um Wildschäden durch Verbiss junger Bäume vorzubeugen wie auch die richtige Pflege des Waldes.
Buche verschwindet
aus den Wäldern
So habe sich in den vergangenen 50 Jahren die Waldbewirtschaftung vor allem durch den Klimawandel grundlegend verändert. Wurden bis in die 1980er Jahre vor allem Fichtenwälder angepflanzt und für die Holzindustrie auch schnell wieder »geerntet«, so hat der Klimawandel mit seinen immer länger und heißer werdenden Sommern dafür gesorgt, dass zwischenzeitlich längst auf Mischwald umgeschwenkt wurde. Dabei muss langfristig auf die momentan noch sehr stark nachgefragte Buche verzichtet werden, denn sie wird den Klimawandel nicht überstehen. Spätestens in 50 bis 60 Jahren wird sie aufgrund der Trockenheit aus unseren Wäldern verschwinden.
Deshalb werde bei Nach- oder Neuanpflanzungen nun mehr Gewicht auf Eichen, Kirschen, Lärchen oder Douglasien gelegt werden. Auch wenn in letzter Zeit der Naturschutz bei der Waldbewirtschaftung stärker in den Vordergrund rücke und deshalb auch immer mehr abgestorbene Bäume stehen blieben, um Tieren mehr Platz für Rückzugsorte zu überlassen, so müsse doch darauf geachtet werden, dass die Wälder dann nicht irgendwann zu Urwäldern würden. Deshalb müsse der Wald der Zukunft sorgfältig geplant werden, beispielsweise als Mischwald, wo die unterschiedlichsten Baumarten dicht nebeneinander wachsen würden. Dass dabei Bäume gefällt werden müssen, um anderen wiederum mehr Platz zum Wachsen zu bieten, mag auf den ersten Blick widersprüchlich klingen. Doch einen Wald, in dem jahrzehntealte Bäume dicht an dicht stehen, kann es nicht geben. Schon deshalb nicht, weil Bäume für ein gesundes Wachstum Platz benötigen. »Eine Eiche braucht beispielsweise rund 150 Quadratmeter Wuchsraum. Hochgerechnet können so auf einem Hektar Fläche rund 67 Eichen zu dicken Bäume heranwachsen«, rechnete Richter vor. Und dann wies er auf eine weitere Tatsache hin, die oft übersehen werde. »Bäume, die gefällt und verarbeitet werden, behalten das in ihnen gespeicherte CO2 bei. Während Holz, das als Brennholz verwendet wird oder im Wald verrottet, sein in ihm gespeichertes CO2 freisetzt und dem Klima dann wirklich schadet«, so Richter.
Laut Forstplan müssten dem Schönecker Wald eigentlich jährlich 3700 Festmeter Holz entnommen werden. Tatsächlich sind es zurzeit jedoch nur rund 2500. Der Rückstand müsse irgendwann aufgeholt werden, denn ein Wald koste dem Eigentümer schließlich auch Geld. Etwa durch Pflege und Neuanpflanzungen. So kostet beispielsweise die Anpflanzung eines Hektars mit 7000 Eichensetzlingen rund 25.000 Euro«, rechnete der neue Revierförster vor. Meist wollten die Kommunen mit dem Wald aufgrund der neuen Entwicklungen zwar keinen Gewinn machen, aber Verlust eben auch nicht.
Abschließend kam die Diskussion noch auf die aufgrund Naturschutz stillgelegten Waldflächen. Dafür erhalte die Gemeinde zwar Ausgleich vom Land, jedoch nur 150 Euro pro Hektar. Und das sei eindeutig zu wenig, wie die anwesenden Gemeindevertreter bestätigten. Deshalb werde da auf politischer Ebene derzeit um Erhöhung dieser Stilllegungsprämie gerungen.
Einig am Ende des Rundganges durch den Wald waren sich dann aber fast alle, dass die Überlebenschance des Waldes wachse, je artenreicher er angelegt ist. Von Jürgen W. Niehoff
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