Wie sieht Ihre Prognose für den 9. Mai aus?
THOMAS STÖHR: Ich werde für die neue Bibliothek bis zum 9. Mai argumentieren. Dann gibt es ein Ergebnis, das werde ich als guter Demokrat beachten – ob so oder so.
Wenn die Initiative gewinnt: Was bedeutet das für die Stadt?
STÖHR: Faktisch bedeutet das, dass sich in den nächsten Jahren am Zustand des Zentralparkplatzes nichts ändert. Wenn das Bürgerbegehren nicht durchkommt, werden wir zeitnah mit Sondierungsmaßnahmen beginnen. Wir werden an der Brücke mit Bohrungen zur Statik beginnen.
HANS-JOACHIM LOTZ: Dann würden wir die Bürger gerne beteiligen bei einer großen Diskussion, was in der Stadt passieren soll.
Wie wollen Sie die Bürger beteiligen?
LOTZ: Mit dem Bürgerbegehren ist eine Institution geschaffen worden. In Frankfurt und Hanau werden die Bürger bei den Plänen von Anfang einbezogen. Das kann nur funktionieren, wenn man die Leute motiviert.
STÖHR: Wir haben aus den Plänen kein Geheimnis gemacht. Am 8. Februar 2006 ist bereits in der FNP darüber berichtet worden. Ich kenne keine Bürgerversammlung, wo die Neue Mitte kein Thema war. Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit eine Mediathek-Kommission einberufen. Es ist sicher leicht, Kritik zu üben und trotzdem die Rosinen zu fordern – mehr Einkaufs- und Verweilmöglichkeiten und auch Mediathek. Aber man muss auch sagen, wie es gehen kann: finanziell, mit der Bauleitplanung, einem Investor und einem Grundstück. Alle anderen Vorschläge würden Jahre oder Jahrzehnte dauern.
Sind die Unterstützer des Bürgerbegehrens alle Querulanten?
STÖHR: Bei allen Baumaßnahmen gibt es Gegenmeinungen. Dass man so etwas zum 100-prozentigen Konsens hinbekommen kann, ist mir aus keiner Stadt bekannt.
Warum gab es keinen Architektenwettbewerb?
STÖHR: Problematisch daran ist: Sie haben ein wunderschönes Modell, können es aber nicht umsetzen. Wir haben stattdessen 2005 einen Investorenwettbewerb gemacht.
Da entsteht aber der Eindruck, dass ein Investor die Dinge maßgeblich beeinflussen oder sogar die Stadt unter Druck setzen kann . . .
STÖHR: Das passiert Ihnen überall. Wir haben ein gutes Beispiel dafür. Als man in den 70er Jahren nach dem Romero-Plan die Innenstadt umbauen wollte, ist das nicht gelungen, weil man die Investoren nicht finden konnte.
Was soll in der Neuen Mitte entstehen?
STÖHR: Sowohl Einzelhandel auf größeren Flächen mit 600 bis 700 Quadratmetern als auch in den Stockwerken obendrüber Handel, Ärzte, Wohnen. Sicher kann man Mietverträge erst schließen, wenn die Planungsreife gegeben ist.
LOTZ: Die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessens verlangte, dass für die Umplanung der Innenstadt ein Architektenwettbewerb ausgelobt wird.
STÖHR: Was soll denn die Architektenkammer sonst verlangen?
LOTZ: Es ist gut, dass ein Investor da ist, aber es besteht der Verdacht, dass er seine Interessen durchsetzt. Für uns besteht nicht diese notwendige Klammer zwischen Investor und Mediathek. Demnächst kommt vielleicht ein Investor und sagt, ich baue nur, wenn ich ein Spielcasino kriege. Es ist ganz entscheidend, dass die Stadt mitbestimmt.
STÖHR: Was ist das für ein Verständnis? Bei jeder Geschäftsansiedlung, die Arbeitsplätze in Bad Vilbel schafft, hat jedes Unternehmen Rahmenvorgaben, unter deren Voraussetzung man bereit ist zu investieren. Es muss in der Neuen Mitte etwas entstehen, was die Leute anzieht. Da ist so ein gefasster Platz, ein Café und eine Mediathek eine gute Gelegenheit. In Bad Homburg hat man mit einer Mediathek die Besucherzahlen mehr als verdoppelt.
LOTZ: Wir sind interessiert, dass die Innenstadt belebt wird. Wir haben keinen Einwand gegen die Bebauung der Stadtmitte genommen. Aber eine Bibliothek ist kein Frequenzbringer! Bei uns ist der entscheidende Eindruck, dass durch den Bau dieser großen Mediathek der Gesamteindruck des Kurparks zerstört wird. Natürlich sind auch wir für eine Mediathek. Wir sind aber nicht in der Lage, alle alternativen Standpunkte herauszuarbeiten. Das soll in Diskussionen mit den Bürgern entstehen. Das sind die Leute, die hinterher auch in die Mediathek gehen.
STÖHR: Aber sie haben weder ein Grundstück noch die Finanzierung. Ich habe über elf Alternativen abgewogen, das ist die längste Vorlage, die ich jemals den städtischen Gremien gemacht habe. Sie werden keinen anderen Standort finden, der so zentral ist und der in der heutigen Zeit auch in der Lage ist, finanziert zu werden.
Aber die zwei Millionen Euro der Stiftung werden über eine lange Zeit abgestottert. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die Stadt auf den gesamten 7,2 Millionen Kosten sitzenbleibt?
LOTZ: Herr Jehner hat gesagt, er zahlt 100 000 Euro in Raten bis zu 20 Jahren, wenn sich die Neue Mitte rentiert . . . Die Einnahmen muss er erstmal haben.
STÖHR: Er braucht sie nicht zu zahlen, wenn es wesentlich günstiger wird. Das Geld wird aufgebracht von den Erbbauzinsen aus dem Bereich der Neuen Mitte, die fließen, wenn das Areal bebaut wird.
Wenn der Bürgerentscheid scheitert, ab wann würden die Zinsen fließen?
STÖHR: Wir würden dieses Jahr mit den vorbereitenden Maßnahmen beginnen – ab nächstes Jahr würde kräftig gebaut. Und die Finanzierung fließt sofort. Ich habe ein bürgerfreundliches Finanzierungsmodell gemacht, so dass wir zunächst keine Steuermittel verwenden müssen. Die Finanzierung für die Büchereibrücke läuft zunächst über die Stiftung.
LOTZ: Die Finanzierung hat große Mängel. Wenn Sie die zwei Millionen vorfinanzieren müssen, sind das Zinskosten von 800 000 bis 900 000 Euro. In der Regel ist es so, dass eine Baumaßnahme hinterher 30 Prozent teurer wird. Das kommt alles noch hinzu.
STÖHR: Genau da beißt sich Ihre Argumentation in den Schwanz. Sie wollen auch eine Mediathek bauen. Und eine Brücke als Baustellenzufahrt für die Neue Mitte bräuchten Sie auch.
LOTZ: Die Brücke wäre dann nicht so bombastisch und so schön gestylt. Mein Hauptargument bleibt: Der Bad Vilbeler Kurpark ist ein Riesenschatz und darf nicht angetastet werden!
STÖHR: Die Mediathek wird nicht in den Kurpark gebaut! Sie ist ein verbindendes Element zwischen Park und neuer Stadtmitte. Diese Mediathek ist 19 Meter breit, und unten sind Arkaden drin. Wir haben die Möglichkeit, auch einen barrierefreien Zugang zum Kurhaus zu machen mit einer fließenden Bewegung. Die Bäume können weitgehend stehenbleiben.
LOTZ: Es tut mir weh, dass es jetzt in dieser Auseinandersetzung gerade um eine Mediathek geht. Ich habe in meinem ganzen Berufsleben massivst darum gekämpft, dass die Studenten mehr lesen. Ich bin am Lesen interessiert und daran interessiert, dass wir in Bad Vilbel eine Bibliothek haben, die diesen Namen verdient.
Wo fährt dann die Feuerwehr entlang?
STÖHR: Wir haben in der Brückenmitte einen drei bis sechs Meter breiten Fuß- und Radweg – da kann jedes Feuerwehrauto rüber. Keiner muss seinen Eisbecher wegräumen.
Ist für das Café ein Abendbetrieb geplant?
STÖHR: Es soll auch einen Abendbetrieb geben, wobei wir auch großzügigere Öffnungszeiten der Bibliothek haben.
LOTZ: Es werden keine Folgekosten genannt.
STÖHR: Diese Kosten haben Sie an jedem anderen Standort.
Sie haben doch sicher einen Fall kalkuliert, welche Folgekosten das hat, mit längeren Öffnungszeiten, mehr Medien. Was kommt auf die Stadt zu?
STÖHR: Wir sind in der Verwaltung dran, die Personalkosten zu berechnen. Wir gehen davon aus, das Personal mit Teilzeitkräften aufzustocken. Es wird Servicezeiten und Zeiten geben, wo mehr die Ausleihe im Mittelpunkt steht. Wir werden sehr energieeffizient arbeiten. Schon jetzt werden wir über das Konjunkturprogramm ein Blockheizkraftwerk ins Kurhaus einbauen, weil es im Hallenbad ein Kesselproblem gibt. Das kann die Mediathek mitversorgen.
Danke für das Gespräch! (dd/fnp)