Seit 53 Jahren pflegt Waltraud Bauscher ihren schwerst- behinderten Sohn Gerd. Das Land Hessen ehrte diese außerordentliche Lebensleistung nun mit der Pflegemedaille.
Niederdorfelden. Waltraud Bauscher (77) will es zuerst gar nicht glauben, als Bürgermeister Klaus Büttner (SPD) morgens an ihrer Tür klingelt und ihr die freudige Mitteilung überbringt. „Meinen Sie wirklich, dass ich diese Auszeichnung verdiene?“, fragt sie deshalb gleich zweimal beim Rathauschef nach. Ist doch für sie die Pflege ihres inzwischen 53-jährigen Sohnes Gerd eine Selbstverständlichkeit.
Als er 1964 zur Welt kam, war er ein ganz normales Baby, das sich prächtig entwickelte. Kaum ein halbes Jahr alt, lag er eines Morgens mit blau angelaufenem Gesicht in seinem Bettchen und atmete nur noch schwer. Zwar konnten die Ärzte den kleinen Gerd retten, doch aufgrund des kurzzeitigen Sauerstoffmangels erlitt sein Gehirn irreparablen Schaden. Nicht nur weil er ein absolutes Wunschkind war, taten die Eltern alles in ihrer Macht stehende, um dem seither behinderten Kind das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
Sie gingen mit ihm zum Schwimmen, zur Gymnastik und auch zur Sprachtherapie. „Ich habe ihm sogar das Laufen beigebracht“, erzählt die 77-Jährige immer noch ganz stolz. Schließlich hatte sie ihn so weit, dass er in der Behindertenwerkstatt in Steinheim beschäftigt werden konnte.
Ein schwerer Sturz beendete dann jedoch seine eingeschränkte Selbstständigkeit, auf die die Eltern so stolz waren. Seither sitzt er einseitig gelähmt im Rollstuhl. Im Laufe der Zeit kamen weitere Krankheiten wie Laktose- und Glutenintoleranz, Epilepsie und Reflux-Syndrom sowie Allergien gegen viele Lebens- und Arzneimittel hinzu.
Hilfe erfährt Waltraud Bauscher inzwischen auch von Gerds Cousin Markus Pfeiffer. Seit seiner Jugend habe er viel Zeit bei seinem 13 Jahre älteren Cousin verbracht. Dass das Verhältnis zwischen den beiden sehr innig ist, bestätigt auch Waltraud Bauscher: „Wenn Markus hier ist, dann lebt der Gerd richtig auf.“ Auch wenn die 77-Jährige die Pflege ihres Sohnes als Selbstverständlichkeit sieht, so ist ihr Leben von seiner Behinderung stark gezeichnet. „Es gab Nächte, da habe ich ans Aufgeben gedacht“, gesteht sie ganz leise und stockend. Vor allem nach dem Tod ihres Mannes, als sie auf sich allein gestellt war, habe sie schlaflose Nächte erlebt.
Aufgebaut hat sie dann aber immer wieder die Hilfsbereitschaft ihrer Verwandten und der vielen Freunde im Dorf. Da sie mit 77 Jahren nicht mehr die Jüngste ist, hilft ihr mittlerweile eine polnische Pflegekraft.