Über die Flüchtlinge und die Aufgaben der Bad Vilbeler Muslime gab es erst einen heftigen Disput. Nun hat die FDP die Beteiligten zum Gespräch eingeladen.
Oberstudienrat und Weltenbummler Hans Tuengerthal ergänzte diese Haltung mit einem Verweis auf demokratische Pflichten in einem Gemeinwesen. „Was soll diese Vorwurfshaltung?“, fragte Yönter, die sich missverstanden fühlte. Ihre Anliegen seien ganz andere: Bildung, Beratung, die Lage der Flüchtlinge.
„Tut mir leid, dass Sie missverstanden wurden“, sagte Cicek, der seit 24 Jahren Vorstandsmitglied in der Ditib-Moschee ist und die Yönters Frage und den Bericht darüber als „Frontalangriff gegen die hier lebenden, sehr gut integrierten Muslime“ sah. Es habe in all den Jahren nie Probleme gegeben. Die Muslime haben unabhängig von der Religionszugehörigkeit alle Flüchtlinge zum Essen eingeladen und sogar 1000 Euro an die Stadt für deren Betreuung gespendet.
Pflichten erfüllen
Im Islam gelte das Gebot, Almosen zu geben. Aber, so Cicek: „Wir sollen damit nicht prahlen.“ Außerdem dürfe kein Muslim sagen, andere seien schlecht, „das kann nur Gott.“
Solange Flüchtlinge, auch Muslime, „aus guten Gründen hierher kommen“, müsse geholfen werden, aber sie müssten auch „bestimmte Pflichten erfüllen“, merkte Tuengerthal an. Abqualifizierungen von Muslimen über Einheimische, etwa Begriffe wie „Ungläubige“ über Christen, die seien nicht akzeptabel und eine „Anstachelung zum Hass“, stellte er klar.
Sozialdezernentin Freund-Hahn versachlichte die Debatte. Es gehe nicht dezidiert um Muslime. Auch das Wort Flüchtling treffe es nicht. „Bei uns kommen Menschen an“, betonte sie. Ihnen zu helfen sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Schon jetzt liege der Betreuungsschlüssel bei den Hauptamtlichen Helfern bei 1:300. „Ohne das ehrenamtliche Engagement vieler „würde das Gesamtsystem komplett zusammenbrechen.“
„Ich kann die Welt nicht schöner machen als sie ist“, bedauerte Cicek. Er wisse auch nicht, warum die steinreichen arabischen Staaten den Flüchtlingen nicht helfen, „aber für mich gilt Bad Vilbel.“ Und in der hiesigen Moschee habe man nach der „Katastrophe von Paris“ auch überlegt, die Fahne auf Halbmast zu setzen, „aber wir wollen nicht in die politische Diskussion rein.“
Spannend wurde der Abend noch einmal zum Schluss, als es um Integration ging. Cicek räumte ein, er lebe seit 30 Jahren hier, sei früher sogar schon Kerbbursch’ in Gronau gewesen, kenne aber solange auch schon einen Landsmann, der so spreche, als sei er erst zwei Jahre hier. Die Politiker hätten nicht nur die drohende Flüchtlingskrise übergangen, „sie haben 40 Jahre gepennt“, und es versäumt, die Migranten „in die deutschen Siedlungen zu integrieren“, kritisiert Cicek.
Am Ende der Diskussion gab es Signale zum Aufbruch, wurde für den Flüchtlingshilfeverein geworben. Ein Zuhörer zog für sich das Fazit: „Der Streit über die Religionen – für diesen Schwachsinn verlieren wir so viel Zeit.“ Und er warb für den neu gegründeten Verein: „Wer helfen will, soll da hingehen.“ Weitere Auskünfte hierzu gibt es im Rathaus bei der Koordinatorin Susanne Förster, Telefon (06101) 602278. (dd)