Bad Vilbel. Bei der neuen Veranstaltungsreihe »Grüne im Gespräch« begrüßte Clemens Breest, Vorsitzender der Grünen in der Quellenstadt, mit Dr. Ralph Franke erstmals einen Vertreter der Stadtwerke Bad Vilbel.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sei auch ein Angriff auf die hiesige Energieversorgung. Mit dem Wegfall der russischen Gas-, Steinkohle- und Erdöllieferungen stiegen die Preise für Energie und Wärme in Deutschland gewaltig an. »Die Bundesregierung bemühte sich erfolgreich, mit verschiedenen Maßnahmen sowohl die Energieversorgung sicherzustellen als auch die Preisbelastung für Bürgerinnen und Bürger abzumildern«, schreiben die Grünen. Die Situation auf dem Energiesektor gebe Anlass, beim Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Vilbel, Ralph Franke, nachzufragen, wie die Situation vor Ort sei.
Breest führte in das Gespräch ein: »Die Stadtwerke sind der Versorger der Stadt bei Gas, Strom, Wasser, aber auch für die E-Mobilität und zudem sind sie Anbieter von Vilbus und Vilcar. Auch sind die Stadtwerke wichtiger Akteur bei der Energiewende durch ihren Ausbau der Windkraft und Solarenergie. Deshalb sind wir sehr daran interessiert, wie es den Stadtwerken in dieser ereignisreichen Zeit geht und was Kundinnen und Kunden erwarten können.«
Energiepreise Ende 2022 wieder gefallen
Franke berichtete von großen Herausforderungen für die Stadtwerke, deren Ziel es sei, die Bürgerinnen und Bürger mit günstigem Gas und Strom zu versorgen. Die Energiepreise erreichten mit dem Ende der russischen Lieferungen ein Preisniveau, das ein Vielfaches von dem des Vorkriegsniveaus entsprach. Entsprechend hätten die Stadtwerke die Verträge und Preise im Laufe des vergangenen Jahres erst deutlich nach oben korrigieren müssen. Gegen Ende des Jahres fielen die Energiepreise, sodass ab diesem Jahr günstigere Preise den Kundinnen und Kunden der Stadtwerke angeboten werden konnten. Es hätten sogar angekündigte Preiserhöhungen für November und Dezember ausgesetzt werden können. Und Franke habe die Hoffnung geäußert, dass die Stadtwerke noch im ersten Halbjahr eine weitere Preiskorrektur nach unten vornehmen können. Jedoch sei die weitere Entwicklung derzeit kaum sicher abzuschätzen.
Neue Abschläge noch ohne Preisbremse
Auf die Frage nach der Gas- und Strompreisbremse erklärte Franke, dass die Stadtwerke dieser Tage die Abrechnungen für das letzte Jahr ihren Kundinnen und Kunden zusenden. Bei der Festsetzung der neuen Abschläge seien noch nicht die Gas- und Strompreisbremsen berücksichtigt. »Die Berechnung dieser Maßnahmen der Bundesregierung, über die spätestens ab März informiert werden soll, bedeuten einen gewaltigen Aufwand. Uns war jetzt daran gelegen, zunächst die Abrechnungen zu erstellen und zuzustellen. Erst danach werden die Stadtwerke für jede Verbrauchsstelle die individuellen Auswirkungen der Preisbremsen ermitteln und zusenden beziehungsweise auf der Homepage informieren.«
Der Geschäftsführer berichtete von einem »enormen Arbeitsaufwand für die Angestellten der Stadtwerke«. Er kann sich viele weitere Projekte für die Stadtwerke vorstellen, jedoch müssten sie sich derzeit auf die Betreuung der Energiekunden konzentrieren.
Irritiert hätten einige Kundinnen und Kunden den Wegfall des Ökotarifs beim Strom registriert. Die Frage von Breest, ob es diesen Tarif wieder geben werde, konnte Franke positiv beantworten. Dieser Tarif sei zum einen auch dem gewaltigen Arbeitsanfall zum Opfer gefallen. Doch es sei ihm ein Anliegen, dass die Stadtwerke wieder einen Ökotarif anbieten. Der Geschäftsführer stellt in Aussicht: »Ich erwarte, dass wir in den nächsten Wochen wieder den Ökotarif zum Abschluss anbieten werden. Alle bisherigen Ökotarif-Kunden, werden wir anschreiben und fragen, ob sie wieder den Ökotarif nutzen wollen.«
Fotovoltaik
auf städtischen Dächern
In diesem Zuge berichtete Franke, dass die Stadtwerke sich dafür einsetzen, dass Windkraft und Solaranlagen ausgebaut werden. Auch auf städtischen Dächern sollen demnächst Fotovoltaikanlagen in Betrieb genommen werden. Jedoch beklagte er den »enormen bürokratischen Aufwand, Verhinderungsplanungen bei Flächennutzungsplänen« und den Fachkräftemangel, die allesamt den Ausbau regenerativer Energien massiv ausbremsten. Franke schilderte, dass bundesweit längst doppelt so viele Windkraftanlagen in Betrieb sein könnten, die größere Teile des Strombedarfs decken würden. Hier brauche es dringend eine Beschleunigung für den Ausbau der regenerativen Energien.
»Vilcar« demnächst auch elektrisch
Sehr zufrieden zeigte sich Franke hinsichtlich der Entwicklung der Kundenzahlen beim »Vilcar«, dem Carsharing-Angebot der Stadtwerke. Das Konzept, ein Angebot verschiedener Fahrzeuge vorzuhalten, nehme den Nutzern die Angst, bei Bedarf ohne Auto zu sein. Selbst wenn ein Vilcar nicht verfügbar sei, gebe es in vertretbarer Nähe ein Fahrzeug. Franke sagte, dass Carsharing ein Angebot sei, das Zweit- und Drittfahrzeuge in Haushalten überflüssig machen solle. Zu seiner Überraschung verzichteten viele Kunden des Carsharing ganz auf ein eigenes Auto.
Breest, selbst zufriedener Nutzer des Vilcar, zeigte sich über das Angebot und den Effekt erfreut: »Für den städtischen Verkehr, aber auch für Nutzer ist das Vilcar eine große Entlastung. Ich kann aus eigener guter Erfahrung nur empfehlen, den Verzicht des eigenen Autos und die Vilcar-Nutzung auszuprobieren. Je mehr Menschen auf das Vilcar umsteigen, desto mehr Fahrzeuge kommen in das Angebot.«
Für die weitere Entwicklung beim Vilcar-Angebot stellte Franke die Anschaffung eines E-Autos für die Flotte in Aussicht. (zlp)
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