Bad Vilbel. Das Ideal des Glücks und das Scheitern daran fasziniert Theaterregisseurin Barbara Neureiter im allgemeinen. Im besondern spielt es nun eine Rolle, bei ihrer Inszenierung der „Gefährlichen Liebschaften“, die sie für die Burgfestspiele vorbereitet. Die Österreicherin mit Wahlheimat Hamburg hat den 1782 veröffentlichten Briefroman von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos stark gestrafft.
Trotz einer Länge von zweieinhalb Stunden komme das Drehbuch nur auf ein Drittel der 429 Buchseiten. Geschrieben hat das Bühnenstück Christopher Hampton, der 1989 auch die Vorlage für Stephen Frears’ Verfilmung mit Glenn Close und John Malkovich lieferte.
In ihrer Charakterstudie solle das Zeitlose der Geschichte herausgestrichen werden, betont Neureiter: „Wir wollen den Bogen schlagen von den Reifröcken in die Jetzt-Zeit.“ Auf der Bühne könne man nicht die üppigen Bilder der Verfilmungen bieten, dafür wolle man stärker in die Tiefe des Stoffes gehen. Das Stück handele von einem hohen Niveau der Liebesbetrügereien, von „diesem nicht zu zähmenden Tier Liebe“, erzählt die Regisseurin. Es werfe die Frage auf: „Was macht die Liebe mit uns?“
Zum Inhalt: Die Marquise Isabelle Merteuil schlägt dem Vicomte Sébastien de Valmont vor, die Braut ihres früheren Geliebten Gercourt, Cécile de Volanges, noch vor der Hochzeitsnacht zu verführen. Für die Verführung der verheirateten Marie de Tourvel verspricht sie ihm sogar eine Liebesnacht. „Sie spielen sich die Geliebten zu, eigentlich aber lieben sie sich und können es sich nicht eingestehen“, erklärt Neureiter.
Diese Liebesszenen bereiteten ihr auf der Freilichtbühne einige Probleme. Im Film gebe es etwa Kussszenen, bei denen die Geliebte zu Boden sinkt, gefolgt von einer Schwarzblende. „Das können wir in der Burg nicht machen, weil die Sonne scheint.“ Kreativität ist auch bei der Ausstattung gefragt, die Dorit Lievenbrück übernimmt. Um die Zeit zu straffen, habe sie etwa Reifröcke mit einem Dirndl kombiniert, wobei der Rock im Laufe des Stücks wegfalle. Die Räume seien als Salons des 18. Jahrhunderts dekoriert, wobei zwei halbrunde Räume das Mit- und Gegeneinander der Liebenden symbolisierten: als Arena fürs große Intrigenspiel.
Hauptdarstellerin Heike Trinker ist von der Figur der Merteuil sehr angetan. Diese habe schon vor 200 Jahren eine sehr starke Frauenfigur abgegeben.
Gemischte Gefühle haben auch die Künstler, die für eine Sommer-Saison in die Stadt kommen. Für die „Gefährlichen Liebschaften“ gebe es sieben Wochen Probezeit, drei seien bereits überstanden, erzählt Neureiter. Das Spezielle am Freilichttheater sei, dass sehr viele Künstler plötzlich „als zusammengewürfelte Schicksalsgemeinschaft“ aufeinandertreffen (60 sind es bei den Burgfestspielen) – dass ihnen aber kaum Zeit bliebe, sich kennenzulernen. Für die „Liebschaften“ hat das Ensemble zunächst im Kurhaus geprobt; jetzt sind die Probe-Requisiten im Saal des Kulturforums aufgebaut. Seit diesem Wochenende wird auch in den Original-Kulissen in der Burg geprobt. Damit, so Kulturamtsleiter Claus-Günther Kunzmann, soll den Ausstattern Gelegenheit gegeben werden, noch rechtzeitig Änderungen vornehmen zu können.