Es war kein Abend der großen Versprechungen, doch dafür stimmte Thomas Schäfer, der hessische Finanzminister, die etwa 300 Gäste des CDU-Neujahrsempfangs auf den beherzten Umgang mit der Schuldenkrise ein. Sein Appell: Nicht nur die Griechen, auch die Deutschen müssten sich von der Politik nach Wunschzettelart verabschieden. Nur wenn sie als Hauptnutznießer des Euro dies schafften, zöge auch Rest-Europa mit.
Bad Vilbel. Der Gast des Abends war zwar kompetent, aber kaum prominent. Thomas Schäfer, seit September hessischer Finanzminister, verzichtete auch auf das Buhlen um die Parteiseelen, sondern lieferte eine schnörkellose und spannende Zwischenbilanz der Euro- und Schuldenkrise. Von der bekämen die Deutschen noch am wenigsten mit. Hierzulande gebe es „mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte seit Menschengedenken, die niedrigste Arbeitslosigkeit seit vielen Jahren.“ Also nur eine kleine konjunkturelle Delle?
Mythos D-Mark
Das Problem liege tiefer, argumentiert Schäfer nach der nur scheinbar beruhigenden Einleitung. Angesagt sei ein Paradigmenwechsel: „Wer eine neue Idee hat, soll sagen, wo eingespart werden soll.“ Schluss sein müsse mit der Methode, die auch deutsche Politiker seit 40 Jahren pflegten, nämlich „sich im Wettbewerb um politische Ideen die Siegerehrung zu holen und die Rechnung an die künftigen Generationen weiterzureichen.“ Man habe sich daran gewöhnt, jedes Jahr mehr auszugeben, egal, ob die Einnahmen besser oder schlechter seien. Wem das auch privat ohne Insolvenz gelinge, „den bitte ich um ein Vier-Augen-Gespräch“, meinte Schäfer ironisch. Weil mit dem Leben auf Pump EU-weit Schluss gemacht werden soll, sei im Dezember beschlossen worden, die Staatsschulden auf 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) zu begrenzen. Deutschland als Land, das am besten durch die Krise kommt, habe da eine Vorreiter- und Vorbildfunktion. Alle anderen Länder schauten hierher mit fragendem Blick. „Wenn die es nicht schaffen…“ Auf einen Mythos hatte es Schäfer besonders abgesehen: den von der D-Mark. Davon hätten die Deutschen ohnehin noch 13 Milliarden zu Hause gehortet.
Eine Wiedereinführung sei durchaus machbar – mit Folgen. Die D-Mark würde gegenüber den Euro-Ländern um 25 bis 40 Prozent aufgewertet, spekuliert er – wodurch sich die deutschen Exporte um denselben Faktor verteuerten. Dabei hingen 60 Prozent der Arbeitsplätze vom Export ab, sieben bis acht Millionen Arbeitslose und eine Depression seien die Konsequenzen des Ausstiegs. So gesehen, sei die Euro-Rettung zwar teuer und unumgänglich, „doch die Griechenland–Hilfe sorgt am Ende für unseren Wohlstand hier.“
In Hessen habe man die Netto-Neuverschuldung bereits von 3,5 auf 1,5 Milliarden Euro reduziert, peile für 2020 „die Nulllinie“ an. Dennoch wollte Schäfer nicht nur als Sparkommissar werben. „Politik muss auch Gestaltung bleiben“. In Hessen soll etwa Geld für die Ansiedlung von vier Forschungsinstituten fließen. Dafür aber müsse an anderer Stelle Landesvermögen veräußert werden.
Um Verständnis für kurzfristige Beschwernisse für den langfristigen Erfolg warb auch der Vilbeler CDU-Chef Tobias Utter, Gastgeber des Abends: „Ich appelliere, den Bad Vilbeler Geschäften treu zu bleiben“, trotz der Beschwernisse durch die Baustellen der Neuen Mitte. Und auch die „umstrittene Mediathek“, die im Frühjahr 2013 fertig sei, löse in Hessen großes Interesse aus. Es gebe nur wenige Kommunen, die sich dies leisten könnten. Kulturschaffende bewunderten die Kühnheit der Bauweise über dem Fluss. „2012 ist für uns in Bad Vilbel ein Jahr des Werdens.“
Mehr Mut statt Wut
Doch Utter ging es nicht um den Triumph über den Gegner – sondern im Gegenteil um die Handreichung zur Zusammenarbeit.
Bürgermeister Thomas Stöhr hielt seine Rede über die Erfolge Bad Vilbels betont kurz. Auch er warb für mehr Aktivität: „Engagieren Sie sich weiter für diese Stadt!“